Weltreise im VW LT 28 – Lieber im Bus als auf dem Boot
Martin, Conny und Hündin Laika wollten auf Weltreise gehen. Warum sie sich gegen das Segelboot und für den VW LT 28 entschieden haben, wo sie schon überall waren, und wo es Ihnen am besten gefallen hat, erzählen sie uns im Interview.
Eckdaten zum VW LT 28:
- Modell: VW LT 28 mit Modifikationen
- Baujahr: 1989
- Sitzplätze: 6
- Gesamtgewicht: wir vermuten etwas zwischen 2,8-3,2 t
- Kilometerstand: 350.000
- Hubraum: 2,4 Liter
- Leistung: 102 PS
- Verbrauch auf 100km: 11-12 Liter
- Führerscheinklasse: B
- Höchstgeschwindigkeit: 115 km/h?
- Kraftstoff: Diesel
- Preis: Kaufpreis 6700 €
- Jährliche Reparaturkosten: Ohje…
- Versicherung: 380 €
- Kfz-Steuer: 460 €
Stellt euch doch mal kurz vor und erzählt, warum ihr euch für diesen Lifestyle entschieden hast!
Wir sind Martin, Conny und unser Hund Laika und wir wollten auf Weltreise gehen. Da wir das Projekt „Weltumsegelung“ erstmal verworfen haben, wollten wir es auf dem Landweg tun.
Und welches Gefährt ist besser dazu geeignet, als ein Campervan?
Was hat euch dazu bewogen den VW LT 28 zu kaufen?
Um auch an die entlegensten Foto Locations gelangen zu können, war für mich klar, dass es ein Offroad Fahrzeug werden musste. Die Abmessungen für ausreichend Wendigkeit sollten nicht zu groß sein, der Wohnkomfort sollte aber auch nicht zu kurz kommen. Somit kam ich am Ende auf den T3 Syncro als mein perfektes Reisefahrzeug.
Welche Hürden bei der Anschaffung eures Campers waren schwierig zu meistern?
Der erste zu sein, der auf die Anzeige reagiert. Da wir uns dann auf den VW LT 28 festgelegt hatten, galt es, Suchmaschinen und Autobörsen zu durchstöbern.
Bei allen Angeboten waren wir etwas zu langsam und die Autos waren schon weg. Einmal hatte ich (Conny) fast Glück, ich kam mit dem Verkäufer sogar in Kontakt und war die Erste!
Welch ein Glück! Er stand auch nur 500 km entfernt und ich saß quasi schon im Auto, um zur Abholung zu fahren, dann meinte aber der Verkäufer, dass so ein Auto nichts für Frauen sei und er mir das nicht verkaufen würde, sondern lieber einem Mann.
Ungläubig hab ich aus der Wäsche geguckt, aber etwas später stand dann mein Florida im Netz und ich war die erste, die anrief, konnte ihn überzeugen, ihn nicht nach Amerika zu verschicken.
Obwohl die Leute dort sehr viel mehr Geld boten, holte ich ihn am nächsten Tag ab.
Macht ihr alles an eurem Camper selbst oder lässt ihr schrauben?
Bevor wir auf unsere Reise losfuhren, haben wir unseren „Ernst“ in einer Schrauberhalle mithilfe von zwei Mechaniker-Kumpels repariert und modifiziert.
Anfangs hätten wir gerade mal einen Öl- und Reifenwechsel machen können.
Aber inzwischen, mithilfe der beiden Fernwartungs-mechaniker (für den Notfall), dem tollsten Internet-Wiki für LT’s und der besten Schrauber-Community auf Facebook schaffen wir fast alles alleine.
Zumindest finden wir raus was es ist und müssen dann nur noch geeignetes Werkzeug/Maschinen suchen gehen.
Wie lange ist euer Camper schon in eurem Besitz bzw. wie lange seid ihr schon On The Road?
Ernst kam im Juli 2016 zu uns und seit Januar 2018 sind wir auf unserer Weltreise.
Wie lange habt ihr an eurem Camper gearbeitet, bis ihr losgefahren seid?
Wir haben sechs Monate gebraucht um alles vorzubereiten.
Wieso reist ihr mit dem eigenen Fahrzeug und nehmt nicht einfach den Flieger?
Weil wir davon schon ziemlich viel vorher hatten.
Martin als Hubschrauberpilot hat alles irgendwie schon mal aus der Luft gesehen und Conny als ehemaliger Marineoffiizer war fast in jedem Hafen schon mal.
Nun wollten wir etwas Neues wagen, also ab auf den Landweg!
Welche Länder habt ihr bereist und was waren eure Favoriten? Plaudert mal los!
Unsere Route hatte den unglaublichen Untertitel „Von Berlin nach Boston über Osten“ und genauso haben wir es auch gemacht.
Wir sind am 19. Januar in Berlin losgefahren, Richtung Süden, über Polen, Tschechien, Österreich, Ungar, Rumänien, Bulgarien bis Griechenland.
Dann ging es weiter über die Türkei, Georgien, Azerbaijan in den Iran. Es folgten die -STAN’s: Turkmenistan, Uzbekistan, Tajikistan, Kirgisistan und Kazachstan.
Um In die Mongolei zu kommen, mussten wir ein kleines Stück durch Russland fahren. Nach der Mongolei gab es einen 4000 km Sprint durch Sibirien und Fernost, vom Baikalsee nach Vladivistok in acht Tagen.
Wir verschifften dort unseren Ernst, der mit einer Fähre nach Südkorea gebracht wurde, dort (da deutsch registrierte Fahrzeuge in Südkorea nicht fahren duften) auf einen Lkw geladen wurde und dann durchs ganze Land in einen anderen Hafen gebracht wurde und letztendlich auf einer RoRo-Fähre seine Reise nach Vancouver angetreten hat.
Wir Menschen und der Hund waren derweil eine Woche in Südkorea und dann noch drei Wochen in den USA. In beiden Ländern haben wir einen Roadtrip mit Mietauto und Zelt gemacht.
Nach neun Tagen des bangen Wartens auf unseren Ernst in Vancouver (der Hafen war echt langsam) sind wir dann durch West-Kanada gefahren (British Columbia, Vancouver Island, Alberta) und sind jetzt gerade in Seattle.
Nächste Woche geht es weiter quer durch die USA, um an die Ostküste zu kommen. Mehr Details würden gerade den Rahmen sprengen.
Aber unsere liebsten auf jeden Fall nochmal zu bereisenden Länder sind:
Iran. Die Iraner sind ein tollsten Menschen, die man sich vorstellen kann.
Gastfreundschaft muss dort einfach eine neues Wort bekommen, da das einfach nicht beschreibt, wie toll es ist.
Und landschaftsmäßig gibt es dort auch alles von Meer über Berge, Wüste, Seen, Nebelwälder.
Einfach atemberaubend!
Kirgisistan. Landschaftlich ein wunderschönes Land, nur die korrupten Polizisten an jeder Ecke sind etwas nervtötenden.
Russland/Sibirien. Die dichtestens Wälder und unberührtestes Natur, die man sich vorstellen kann.
Das russische Essen! Lecker!
Und die Russen sind gar nicht mal so unfreundlich wie alle immer denken.
Und dann die Metropolen! Novosibirsk, Omsk, Vladivostok.
Man fährt tausende Kilometer mit Sumpf oder Wald und plötzlich taucht eine Riesen-Stadt mit allem Schnickschnack auf. Es ist definitiv eine Reise wert.
Südkorea. Wenn auch nur für einen kurzen Trip, denn dort ist alles sehr dicht besiedelt und Wildcampen (Vanlife) ist quasi unmöglich.
Das Land an sich besticht durch den Fortschritt, die Aufgeräumtheit und trotzdem die Herzlichkeit.
Ein ganz anderes Südost-Asien als man es kennt.
Kanada. Es ist so wunderschön!
Die Natur ist einfach unübertroffen, Berge, Gletscher, Flüsse voll mit Lachsen, Bären, die über die Straße marschieren, Strände (ja!).
Wir wollen unbedingt mal eine Kanu-Tour über den Yukon machen.
Ach, ihr seht, Pläne gibt es viele, schauen wir mal, ob die Zeit dafür reicht…
Gab es Länder, in denen ihr als Camper-Reisende nicht so gut empfangen worden seid?
Eigentlich kaum. In Georgien war der Verkehr so mies, dass wir einfach nicht mehr da bleiben wollten.
Ohne Regeln, ohne Mitdenken, ohne jegliche Stoßstangen. Es war ein Stockcarrennen auf den öffentlichen Straßen.
Mit einem alten langsame Camper dazwischen zu sein war kein Genuss. In Zentralasien waren wir der Star, jeder war interessiert und man konnte wirklich überall campen.
In Nordamerika ist es schon recht schwierig, hier scheint alles verboten zu sein.
Das mag auch daran liegen, dass hier jeder Hans und Franz einen Camper/Mobile Home hat, diese auch unglaublich groß sind und einfach überall den Weg versperren.
Und man manchmal nicht unterscheiden kann, ob es Camper oder doch eher herummarodierende Obdachlose sind, von denen es hier auch unglaublich viele gibt.
Was war die längste Strecke, die ihr bisher am Stück gefahren seid? Was war die Schönste?
Naja, wen man annimmt, dass wir ja jeden Tag fahren und seit Januar unterwegs sind, sind wir inzwischen bei knapp 40.000 km. Aber an einem Tag haben wir bis zu 700 km geschafft.
Danach waren aber auch alle kaputt, den Menschen tat der Popo weh, der Hund war gelangweilt, der VW LT 28 hatte Teer an den Seiten und eigentlich auch keine Lust mehr.
Die schönsten Strecken waren eigentlich überall zu finden. Es gab langweilige aber auch wunderschöne Strecken in jedem land. Der Pamir-Highway war interessant, Sibirien waldig, die Mongolei herausfordernd…
Wo übernachtet ihr, wenn ihr mit eurem Camper unterwegs seid? Campingplatz? Wildcampen?
Wir sind absolute WIldcamper. Da wir in unserem Auto alles dabei haben, was wir brauchen, müssen wir auch nicht auf einem Campingplatz stehen.
Das ist einfach so gar nichts für uns. Lieber fahren wir 10 km eine Schotterpiste lang, um dann irgendwo im Wald eingekuschelt eine ruhige Nacht zu verbringen.
Gibt es Dinge, die euch an eurem VW LT 28 nerven? Oder generell am Vanlife?
Richtig nerven eigentlich nicht. Der wenige Platz ist ja gut ausgleichbar, indem man die Schiebetür aufmacht und sein Wohnzimmer vergrößert. Bei Dauerregen leider nur bedingt möglich.
Martin nervt ein bisschen die kleine Küche, weil er einfach gerne kocht und dafür viel Platz braucht.
Nicht alles ist perfekt, was könnte man an eurem Camper besser machen?
Wir finden unseren Ernst eigentlich schon ziemlich perfekt. Wenn man weiß wo die Grenzen des Fahrzeugs liegen.
Für die nächste Weltreise wird es aber wahrscheinlich ein 4×4, denn wir sind schon das eine oder andere Mal stecken geblieben, aber wie ihr an der Route seht, auch immer wieder rausgekommen.
Der eine oder andere Camper gefällt euch sicher auch. Was wäre eure zweite Wahl?
Niemals! Nichts geht über den VW LT 28!
Arbeitet ihr auch von unterwegs aus?
Ja, wir arbeiten an einem kleinen Online-Business in den USA.
Wo soll es als Nächstes hingehen mit eurem Camper? Plaudert doch ein bisschen aus dem Nähkästchen!
Jetzt gerade sind wir ja auf dem Rückweg und uns bleibt noch bis Ende Dezember Zeit. Danach kriegt unser VW LT 28 erstmal eine Reha-Kur, die hat er sich ordentlich verdient.
Das wird vermutlich ein oder zwei Jahre in Anspruch nehmen.
Wir haben aber auch noch einen anderen LT zu Hause stehen, der ursprünglich als Ersatzteilspender gedacht war, wie ihn aber auch liebgewonnen haben.
Das wird dann unser Kurzurlaubsmobil für die Überbrückungszeit. Es werden wohl eher Wochenendtrips in Norddeutschland werden, da wir erstmal wieder arbeiten müssen/wollen.
Außerdem haben wir auf dieser Reise so viele Ideen für Projekte gesammelt, die müssen wir erstmal umsetzen. Dann kann es wieder losgehen in die weite Welt.
Unsere Köpfe sind voll mit weiteren Reisezielen, unsere Favoriten-Liste seht ihr ja oben. Da müssen wir auf jeden Fall nochmal hin. Vor allem mit einem Camper.
Wir haben festgestellt, dass man so autark ist, aber trotzdem super einfach mit Locals ins Gespräch kommt. Es gibt kaum was Besseres.
Wenn ihr wissen wollt, wo wir gerade sind, welche Erfahrungen wir gemacht haben und vorallem wie es nach der Reise mit uns weitergeht, schaut auf unserem Blog vorbei oder viel einfacher: www.onkelernst.com
Wer Lust auf Informationen zum Camper-Ausbau hat, der findet viele wertvolle Tipps und Tricks in diesem 220 Seiten Ratgeber über den Umbau eines Transporters zum Wohnmobil. Hier klicken.