Während draußen in der Dunkelheit russische Hunde um unseren Bus schleichen und wir es uns drinnen mit einem Bier gemütlich machen, sehen wir uns gegenseitig die Erschöpfung der ersten Tage in Russland an.
Immer noch emotional betroffen von den Geschichten, die uns Alexey aus Vladikavkas erzählt hat und von dem Zusammentreffen mit den unzähligen liebesbedürftigen Hunden, wollen nun auch wir unseren Beitrag zur Nächstenliebe leisten.
Aber erstmal von Anfang. Unsere erste Begegnung mit den russischen Hunden.
Auf unserem Weg durch die georgischen Berge, nahe der russischen Grenze, ist uns wie aus dem Nichts ein kleiner aufgeregter Welpe zugelaufen.
Ausgehungert und allein gelassen, sahen wir keine andere Möglichkeit, als sie auf unseren warmen Beifahrersitz zu packen und mit kleinen Würstchen zu verwöhnen.
Das kleine erschöpfte Wesen hat erstmal die ganze Nacht durchgeschlafen. Am nächsten Morgen wollte die Kleine unseren Bus nicht verlassen.
Ab da war alles klar, wir gehen die nächsten Kilometer gemeinsam.
Der Weg führte uns gemeinsam nach Tschetschenien, besser gesagt nach Grosny. 41 Grad und absolute Windstille machten uns das Nächtigen im Bus unmöglich. Als wir auf der Suche nach Cafés und einem Hotel waren, merkten wir zum ersten Mal, dass Reisen, Arbeiten und ein ganz normaler Alltag mit einem Hund keine einfache Sache mehr ist.
Russische Hunde haben es in ihrem eigenen Land nicht leicht.
In einem Land wie Russland, wird Tierliebe anders verstanden. Man hält einen Hund an der Kette im Vorgarten und begreift ihn nicht, wie in Deutschland, als besten Freund des Menschen. Das haben wir leider auch schnell zu spüren bekommen. Erst nach langer Suche war ein Hotel bereit uns mit Nunu aufzunehmen.
Da kam dann auch schon das nächste Problem. Wir beide viel am Arbeiten, wir drei auf kleinstem geschlossenem Raum und eine, die absolut keine Lust darauf hatte.
Unsere kleine Prinzessin erwies sich schnell als Rowdy.
Sie war natürlich die Freiheit des Campers gewohnt und wollte nicht in einem öden Hotelzimmer bleiben. Dazu kam das Problem mit der Impfung und den Papieren.
In 20 Tagen müssen wir Russland verlassen und an der Grenze zu Kasachstan sein. Leider sehen die Gesetze es so vor, dass der Hund erst über die Grenzen darf, wenn die Tollwutimpfung schon drei Wochen alt ist. In die EU darf ein Hund 3 Monate nach seiner Impfung eingeführt werden.
Auf uns kamen auf einmal so viele Probleme zu, dass wir plötzlich der Realität ins Auge schauen mussten. Egal wie viel Liebe in der kurzen Zeit zwischen uns entstanden ist, wir haben eingesehen, dass wir unsere Pläne ändern mussten.
Unsere Idee war es, Nunu nach Deutschland zu bringen. Wir gingen also alle Möglichkeiten durch:
Mit ihr bis nach Kasachstan und dann mit dem Flugzeug nach Deutschland? Was ist, wenn wir die Papiere bis dahin nicht kriegen? Kann sie jemand vor Ort abholen?
Bei unserer Recherche sind wir auf eine Tierschutzorganisation gestoßen, die russische Hunde nach Deutschland vermittelt. Der Verein „Hundehilfe Russland – Verein für Tiere in Not e.V.“ arbeitet mit Tierheimen aus Moskau, St. Petersburg, Kazan und Vladikavkas zusammen und bringt russische Hunde nach Deutschland.
Wir nahmen Kontakt auf und zwei Tage später rief uns Aleksey an. Drei Stunden später standen wir in seinem selbst errichteten Hundeheim.
Aleksey ist ein alter Kreigsveteran, so um die 40 Jahre, der für Russland in drei Kriegen gekämpft hat und sein Leben einem russischen Hund zu verdanken hat. Seitdem opfert er seine gesamte Freizeit, Geld und sein Leben der Pflege von Straßenhunden.
Man sieht ihm die Zeichen der Zeit an. Er ist ein Mann mit einer bewegten Vergangenheit, in einem Land, das ebenfalls viele Umbrüche erleben musste.
Das Grundstück ist nur über ein privates Industriegelände erreichbar. Wir kletterten über eine hohe Mauer und durchquerten eine matschige Gasse, bis wir ein Bellen hörten, das schnell zu einem Hundechor anwuchs.
Uns kommen verschiedensten Hunderassen entgegen, meist Mischlinge. Alle Hunde waren interessiert und suchten unsere Nähe. Wir liefen durch einen großen Garten. Er ist sauber und gepflegt.
Es fühlte sich ein bisschen an, wie in einer Hippie-Kommune – nur eben für Hunde. Einige Hunde leben in geräumigen Käfigen, andere laufen frei herum. Jeder russische Hund hat einen Namen und jeder hat seine eigene traurige Geschichte.
Aleksey erzählt mir von Kira und dem kleinen Karl, wie er die Beiden in einer Mülltonne gefunden hat und sie mit zu sich nahm. Er erzählt, wie die Stadt versucht ihn von dem Grundstück zu vertreiben und er erzählt, wie ihn hier alle für verrückt halten wegen der Hunde.
Er hat nur Marina, die nach ihrer 9-Stunden-Schicht zum Helfen in das Tierheim kommt. Seine Familie hat sich von ihm abgewandt und seine Freunde begreifen seine Tierliebe nicht.
Wir sind in Russland.
Trotzdem opfert er sich seit 20 Jahren für diese Hunde auf.
In dem Tierheim sind um die 70 Hunde untergebracht, wenn er Glück hat, dann vermittelt er um die drei Hunde im Monat, es gibt jedoch auch Monate, in denen leider kein Hund ein neues Zuhause findet. Es kommt vor, dass mehr Hunde zu ihm in das Tierheim kommen, als er vermitteln kann.
Aleksey ist nicht nur ein echter Tierfreund, sondern auch ein unglaublich guter Gastgeber, er bringt uns Pfirsiche aus seinem Garten, holt uns Himbeeren und stellt uns eine anderthalb Liter Flasche Bier auf den Tisch. Wir fühlen uns aufgehoben und merken, dass die Hunde sich ebenfalls wohl fühlen.
Während wir am Tisch sitzen und ich mich so umschaue, begreife ich erst das Ausmaß der Selbstaufopferung, die Aleksey hier tagtäglich erbringt. Er verzichtet auf ein Auto und die nötige Renovierung seiner Wohnung, um sein Tierheim mit seinen russischen Hunden am Laufen zu halten.
In dem Moment ist uns klar: wir möchten nicht untätig diesen Ort verlassen. Leider weigert sich Aleksey jegliche finanzielle Hilfe von uns anzunehmen. Er möchte nur das jeder russische Hund ein Zuhause bekommt.
Deshalb sitze ich nun hier und schreibe diesen Text. Wir möchten gern, das alle Hunde ein liebevolles Zuhause finden. Verdient hat es jeder Einzelne von ihnen.
Da wir ein gutes Gefühl bekommen haben und wir mit unseren eigenen Augen sehen, dass es den russischen Hunden hier gut geht, entschließen wir uns, Nunu an diesem Ort zu lassen, bis zu ihrer Abreise nach Deutschland. Sie fährt mit ein paar anderen russischen Hunden im August nach Berlin, und wird dann bis zu unserer Rückkehr liebevoll auf dem Thomashof. betreut.
hallo! ich wollte dir bzw. euch nur ein DANKE! dalassen!!!! ihr habt ein großes herz für Hunde und das sieht man an diesem Blogeintrag! ich fasse es nicht wieviel menschen es da draußen gibt die so wenig von tierliebe verstehen und soviel leid anrichten ohne mit der Wimper zu zucken. ich bin gerade dabei meinen alten t4 umzubauen um in ein paar Monaten auf europareise zu fahren, dein blog hat mir schon viel weitergeholfen. und nochmal danke für eure lieben Taten! die Welt braucht Nächstenliebe! liebe grüße aus wien und vielleicht bis irgendwann on the road 🙂
Privet ihr beiden,
ich kann euch sehr gut verstehen. All das, was ihr beschreibt, ist Realität in Russland. Komme gebürtig aus Russland und bin erst vor kurzem von einer längeren Russland- und Abchasien-Reise temporär wieder zurück in Deutschland. Auf unserer Reise durch Abchasien konnten wir auch einen Welpen retten und zufälligerweise sieht Nunu genauso aus wie unser Didi. Jetzt stehen wir auch vor der Herausforderung, Didi nach Deutschland zu bringen oder evtl. doch mit Hund weiterzureisen.
Schöne Grüße
Tatjana
Hallo ihr Zwei!
Ich bin erst über Hundehilfe Russland über euren Blog gestoplert und bin so gerührt davon wie Ihr Aleksey und sein Tierheim beschreibt!
Mein Partner und ich warten derzeit darauf, dass unsere Maus aus Wladikawkas zu uns nach Deutschland kommt. Sie ist eine von den Hunden die von Aleksey gerettet wurden (man sieht sie sogar auf einem der Fotos). Wir sind so froh, dass es Menschen wie ihn gibt.
Viele Grüße
Bianca
Super das du uns schreibst. Alexey macht einen echt guten Job und ich hoffe er kann das noch eine Weile weitermachen. Einfach hat er es nämlich nicht…
Ich weiß um das Elend russischer Hunde.Ich habe zwar 1 russischen Hund aus Moskau,ein anderer kommt jetzt Anfang Mai.Ich unterstütze Aexey finanziell.
Ich habe auch einen Hund aus Russland, er ist einfach wunderschön. Leider ist er sehr ängstlich durch die schlechten Erfahrungen. Ein Hund aus Russland ist eine gute Wahl.
Noch schlimmer als die Russischen Hunde, haben es die Chinesischen Hunde, die zur Fleischgewinnung kommen und schwer misshandelt werden.
Da müsste man mit mehreren LKWs oder Zügen zurückkommen, weil die so hübsch und süß sind, um sie vor der Todesqual und Todesangst zu retten. Nicht zu ertragen, was dort abläuft.
Vielleicht ist es auch besser den Hunden im eigenen Land ein besseres Leben zu ermöglichen, hier werden die Hunde schließlich auch zu kastriert und damit verstümmelt und oft ohne Freilauf gehalten, nur an der Kurzen Leine – oder 8 Stunden allein. So richtig schön ist das auch nicht.
Eur Welpe hatte echt Glück. Freut mich sehr, dass es tierliebe Menschen gibt, die nicht nur sich denken. Dem Russen hätt ich einfach nen Umschlag irgendwo hingelegt. Manche sind eben zu stolz, aber freuen sich über diskrete Gesten! 😉