Mit Kleinkind durch Europa
Daniel und Fanni haben den tristen Alltag satt. Kurz nach der Geburt von Sohn Emil zieht es sie im selbstausgebauten VW LT 28 auf ihre große Reise.
Wir sind Daniel (35), Fanni (32) und Emil (9 Monate). Nach unserem aufregenden Studenten- und WG-Leben waren wir fälschlicherweise davon überzeugt, dass es das Richtige für uns ist, in eine schnieke Neubauwohnung zu ziehen und unseren gelernten Jobs als Lehrerin und Controller nachzugehen.
Nach drei Jahren war diese Tristesse für uns so unangenehm, dass wir die Notbremse zogen. Wir haben es als Irrweg erkannt, fortan auf ein eigenes Haus hinzusparen, nur um dieses mit irgendwelchem Zeug vollzustellen.
Außerdem haben wir uns ins Bewusstsein gerufen, dass das Leben manchmal kürzer ist, als man denkt.
Fanni liebte schon immer das Reisen und Daniel liebte seinen alten VW LT 28 – zwei Hobbys, die sich hier super kombinieren lassen.
Unsere Hauptgründe für das Vanlife sind aber vor allem, dass wir Vollzeit als Familie in einem urlaubsähnlichen Alltag leben. Statt elf Stunden täglich außer Haus zu sein, ist Daniel jetzt rund um die Uhr bei Emil.
Wir leben nun permanent so, wie es uns vorher nur knapp drei Wochen jährlich im Urlaub möglich war.
Außerdem ist es spannend für uns, Teil dieses neuen alternativen Lebensstils und seiner unglaublich inspirierenden Szene zu sein.
Daniel hat sich den VW LT 28 2012 eigentlich als Hobby- und Festivalkarre gekauft. Deswegen ist unser „HibisBus“ äußerlich auch so auffällig. Früher haben wir mit dem Bus bei Rockfestivals die Sau rausgelassen.
Dass wir darin jemals Vollzeit und zudem als Familie wohnen würden, hätten wir niemals gedacht!
Die schnelle Verfügbarkeit, der Style, die Größe des Vans und die positive Urlaubserfahrung, haben die Frage nach einem anderen Gefährt gar nicht aufkommen lassen.
Die Arbeiten zum Busausbau sollten sofort beginnen, nachdem der alljährliche Winterschlaf des Busses in einer Scheune beendet war. Dies war im April der Fall, derselbe Monat, als auch Emil geboren wurde.
Natürlich mussten wir schnell feststellen, dass wir Emil nicht in seiner Babyschale vorn im Fahrerhaus „ablegen“ konnten, während wir hinten arbeiten würden. Fortan war klar, dass Daniel den Bus allein ausbauen musste.
Nach jedem Feierabend und an jedem Wochenende arbeitete Daniel bis zur Dunkelheit hinein an unserem neuen Zuhause. Ihm standen keine Werkstatt und nur wenigste elektronische Geräte zur Verfügung (Akkuschrauber und Stichsäge).
Da Daniel direkt vor der Haustür unserer Wohnung im Neubaugebiet arbeitete, konnte er zudem keine Baumaterialien etc. außerhalb des Busses abstellen.
Außerdem musste die Geräuschkulisse so gering wie möglich gehalten werden. So arbeitete er also trotz Hitzerekord-Sommer hauptsächlich im Inneren des Busses.
Zur Verstärkung zogen wir einen Monat vor unserer Abfahrt bei Daniels Onkel und Tante ein. Durch großen Einsatz seines Onkels und seiner gut ausgestatteten Garage wurde dann noch alles rechtzeitig fertig.
…Und neben dem ganzen Umbau gab es schließlich auch noch all die anderen Dinge zu organisieren: 9to5- Job, Wohnung auflösen (Persönliche Sachen zwischenlagern, Wohnungsflohmärkte organisieren), Versicherungen klären, Baby (!!!)
Bis auf die eingetragenen Sitzbänke wurde alles innerhalb des VW LT 28 selbst ausgebaut. Der Einbau der Standheizung sollte jedoch extern erfolgen – erstens war der Rest des Umbaus schon anstrengend genug und zweitens traute sich Daniel das Anbohren des Dieseltanks nicht so recht zu.
Der Ausbau des Fahrzeuginneren hat dann doch sechs Monate gedauert (Dachträger mit Dachbox und Solarmodulen inbegriffen).
Eventuell mehr Platz für das Familienleben könnte zukünftig interessant werden.
Letztendlich erliegen wir immer dem Oldtimer-Charme, sodass neuere Modelle oder normale Wohnmobile für uns eigentlich nie so richtig in Frage kommen könnten.
Ein ausgebauter Mercedes Oldtimer-LKW oder ein Mercedes Vario wären vielleicht mal interessant.
Es ist wundervoll! Schließlich gibt es wohl nichts, dass so sinnstiftend ist, als Zeit mit seinen Kindern zu verbringen. Daniel ist jetzt die ganze Zeit bei dem Kleinen und man spürt, wie gut es ihrer Beziehung tut.
Gleichzeitig gibt ein Baby die notwendigen Strukturen im Vanlife-Alltag. Das ist gerade zu Anfang unserer Reise nicht immer einfach gewesen (mit Reisebeginn ging die Breieinführung los, dadurch wurde der Tagesablauf ganz schnell ganz klar strukturiert).
Außenstehende sollten hier aber auch verstehen, dass Vanlife mit Baby bedeutet, um 18 Uhr in den Van zu steigen und erst am nächsten Morgen wieder herauszukommen (zumindest in den Wintermonaten).
Campingplätze suchen wir nur noch auf, wenn wir einen großen Bedarf an allen Serviceangeboten haben und ein Stellplatz hierfür nicht ausreicht. Ansonsten stehen wir so oft frei, wie es geht.
Alleine stehen wir dabei nie. Dank einschlägiger Apps findet man immer Plätze, wo man mit anderen – meist netten Campern- die Tage verbringt.
Gelegentlich nervt das viele Organisieren im Alltag, weil man für Wäsche waschen, Wasser auffüllen/ablassen, einkaufen, Übernachtungsplatz finden etc. viel Zeit einplanen muss.
Zudem muss die Arbeitszeit von Daniel ebenfalls in den Tagesablauf eingebunden werden sowie die Schlafens- und Essenszeiten von Emil.
Wir finden, dass zu einem idyllischen Familienleben stets ein gedeckter Tisch gehört. Daher haben wir einen 3-Flammen-Gasherd und einen relativ großen Tisch in den Van gebaut (der Billig-Klapptisch für draußen hat sich allerdings auch schon gut bewährt).
Der Herd ist also mehrfach täglich in Benutzung. Das fängt schon beim Frühstück an und endet mit dem warmen Abendessen. Dazwischen wird ja auch der Babybrei zubereitet.
Da bei uns auch nur der Herd über Gas versorgt wird, hält eine der beiden Gasflasche ca. 2 Monate.
Erst 1,5 Jahre, nachdem wir den Entschluss gefasst haben, und 3 Monate bevor es losgehen sollte, haben wir Freunde und Familie nach und nach eingeweiht.
Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich. Manche haben sich stark gewundert, wieso wir unsere perfekte heile-Welt-Wohnung aufgaben.
Andere schienen irgendwie „erleichtert“ zu sein, da sie vorher schon wussten, dass so ein Normalo-Leben (erstmal) nichts für uns ist.
Wieder anderen war es aber auch überraschend egal – für sie reisen wir wahrscheinlich einfach nur etwas im Bus herum. Wichtig war uns, dass unsere Familien trotzdem noch möglichst viel Zeit mit Emil verbringen können.
Daher flogen wir zu Weihnachten auch für vier Wochen zurück nach Deutschland und auch Emils erster Geburtstag im April soll mit der Familie in Deutschland gefeiert werden.
Gemeinsamen Urlauben oder laaaangen Besuchen steht im Vanlife ja auch nichts im Wege.
Natürlich können wir hier nur über unsere Erfahrungen bezüglich des Reisens mit einem Baby berichten. Wir haben unsere Reise bewusst so geplant, dass wir erst starten, wenn Emil fünf Monate alt ist.
Im Nachhinein haben wir aber festgestellt, dass man auch früher hätte starten können. Solange man voll stillt, ist der Tagesablauf um einiges einfacher als mit den Breimahlzeiten.
Jetzt, wo es bereits drei Breimahlzeiten gibt, ist der Tag sehr vorstrukturiert. Gleichzeitig gibt dies aber eine gewisse Routine, an die wir uns mittlerweile gut gewöhnt haben.
Die Entscheidung, eine Reise im VW LT 28 mit Baby zu machen, ist grundsätzlich vom Wesen des Babys selbst abhängig. Emil ist super entspannt und liebt das Autofahren.
Wir sehen jeden Morgen wie glücklich er ist, wenn er aus dem Fenster schaut oder wenn wir nach einem langen Tag zurück in den Van kommen. Er genießt es, dass beide Eltern rund um die Uhr beim ihm sind.
Die Grundbedürfnisse müssen natürlich immer gedeckt sein. Da wir auch im Winter reisen, ist eine gute Heizung und gute Isolierung unabdingbar (Wir haben eine Diesel-Standheizung und 2×19 mm Armaflex im ganzen Bus verklebt – was grandios funktioniert!).
Unsere Reisetermine haben wir außerdem so gesetzt, dass wir alle vorgesehenen ärztlichen Untersuchungen in Deutschland durchführen können.
Ferner muss man bedenken, dass wir unser Baby niemals aus den Augen verlieren. Wenn gearbeitet wird, kümmert der andere um den Kleinen.
Das eventuelle Gebrabbel und Schreien muss man während der Arbeit allerdings gut ausblenden können.
Ein weiterer Punkt bei der Reise mit Baby ist auch der gesteigerte Platzbedarf.
Emil hat seine eigene Schlafecke, einen Buggy, eine Tragehilfe, einen Babystuhl, einen Maxi Cosi und sogar eine eigene Spielmatte (von Kleidung, Nahrung, Spielzeug mal ganz zu schweigen).
Hierbei reizen wir das üppige Raumangebot unseres VW LT 28 (übrigens in Langversion mit Hochdach und Dachbox) schon ziemlich weit aus.
Daniel arbeitet in Teilzeit als Controller in seinem alten Job, nachdem er seinen Vorgesetzten davon überzeugen konnte, dass er seine Tätigkeiten auch ortsunabhängig durchführen könne.
Auch wenn dieses Geld schon knapp zum Vanlife reichen würde, möchte er hier zukünftig aufstocken – am Liebsten, in dem er seine MS Excel-Künste anbietet (Daniel ist nämlich ein richtiger Excel-Freak und Angebote können gerne sofort bei uns eingereicht werden).
Als weitere Sicherheit haben wir auch noch das Elterngeld von Fanni. Dabei soll es natürlich nicht bleiben. Fanni ist leidenschaftliche Lehrerin und möchte ihre Expertise am Liebsten zukünftig auch ortsunabhängig anbieten.