Mercedes L407D – Vom Krankentransporter zum Reisemobil

Eckdaten zum Fahrzeug:

  • Hersteller: Daimler-Benz
  • Modell: L407D
  • Baujahr: 1986
  • Sitzplätze: 2
  • Gesamtgewicht: 3.500 kg
  • Kilometerstand: ca. 150.000 km
  • Hubraum: 2.400 cm³
  • Leistung: 72 PS / 53 kW
  • Verbrauch auf 100km: ca. 14l
  • Führerscheinklasse: B
  • Höchstgeschwindigkeit: ca. 90 km/h
  • Kraftstoff: Diesel
  • Preis: 9.000 Euro
  • Jährliche Reparaturkosten: ca. 500 Euro
  • Versicherung: 220 Euro / Jahr
  • Kfz-Steuer: 191 Euro / Jahr

Stell dich doch mal kurz vor und sag uns, wieso du dich für diesen Lifestyle entschieden hast!


Woah, so ein heftiger Brocken gleich zu Beginn! Wo fängt man denn da an?

Meine jetzige Form reagiert auf den Namen Cale und versteht sich wohl als eigensinniger Individualist, der die Freiheit und das Unkonventionelle liebt und sich in keine Box so recht packen lässt.

Ein nachhaltiger Lebensstil, ein liebevoller Umgang mit mir selbst und meiner Mitwelt, philosophisches Hinterfragen und authentisches Sein sind wichtige Grundprinzipien für mich.

Die Welt zu einem besseren Ort zu machen – das betrachte ich als meine Lebensaufgabe. Aus diesem Grund realisiere ich jeden Tag aufs Neue eine höhere Version meiner selbst, und möchte auch andere Menschen zu dieser Lebensweise inspirieren.

Deshalb berichte ich in Bild, Text und Video über mein Leben und unterrichte Yoga und Meditation – komplett kostenlos, auf Spendenbasis.

Vor sieben Jahren begann ich das Reisen – und konnte es danach nicht mehr sein lassen.

Ich konnte mich schlichtweg nicht mit dem Konzept anfreunden, an einem Ort sesshaft zu bleiben, den Großteil meiner Zeit für den Gelderwerb zu verbrauchen, und den Großteil meines Geldes in eine Wohnsituation und Dinge zu investieren, die mich nicht glücklich machen.

Ich wollte raus, die Welt sehen, über alle Konventionen hinweggehen, frei sein, wild sein – mich selbst in all meiner Vielfalt erfahren.

So zog ich umher als Backpacker, wandernd oder trampend, an Stränden und in Höhlen schlafend, den simplen Lebensstil mit größter Freude zelebrierend, während mir meine Wohnung in Deutschland letztlich nur noch als Homebase für zwischendurch diente.

Bald stand für mich außer Frage: Jene Homebase soll auch nicht mehr stationär sein.

Seitdem lebe ich im Van und lasse diesen immer mal wieder für einige Wochen hinter mir, um mit dem Rucksack weiterzuziehen – so oder so, das simple Leben als neuzeitlicher Vagabund.


Wieso hast du dir genau den Mercedes L407D zugelegt?


Nun, dafür gab es eine Menge Gründe: In erster Linie habe ich einen persönlichen Fable für die alten Mercedes-Busse. Außerdem ist so ein Düdo wohl mit das größte Basisfahrzeug, was mit dem kleinen Führerschein bis 3,5t noch zu fahren ist.

Zudem war mir ein robustes Fahrzeug wichtig, das mich nicht im Stich lässt und auch kleinere Offroad-Passagen gut wegstecken kann.

Da von Anfang an auch Reisen nach Afrika und Asien geplant waren, sollte es zudem ein alter Wagen sein, sodass ich außerhalb Europas keine Probleme mit Reparaturen und Ersatzteilbeschaffung bekomme.

Zu guter Letzt ist ein Oldtimer mit H-Kennzeichen günstig in Steuer und Versicherung.


Gab es Hürden bei der Anschaffung deines Campers?


Die größte Hürde war definitiv die Suche selbst. Die Nachfrage nach Vans ist mittlerweile riesig, das Angebot dieser Mercedes-Modelle in gutem Zustand aber echt gering.

So suchte ich damals ein halbes Jahr, und kam oft zu spät, wenn ich mich beim Verkäufer meldete. Nachdem ich Eddie dann endlich gefunden und gekauft hatte, war der Rest easy.

Machst du alles an deinem Mercedes L407D selbst oder lässt du schrauben?


Bevor ich den Van gekauft habe, hatte ich keine Ahnung von Autos. Mittlerweile habe ich ein paar Basics gelernt, und versuche, so viel wie möglich selbst zu machen.

Sobald es aber kniffliger wird, bin ich auf Hilfe von außen angewiesen.

Apropos Schrauben: Geht auch ab und an mal was kaputt?


Bisher gab’s nur Kleinigkeiten: Zündkerzen, Dieselfilter, Keilriemen… nichts Gravierendes.

Wie lange hast du an deinem Camper gearbeitet, bis du losgefahren bist?


Tatsächlich nur 3 Wochen, da er damals schon zum Camper ausgebaut war, als ich ihn gekauft habe. Ich habe die Innenausstattung dann nur meinen Bedürfnissen nach etwas angepasst.

Letztes Jahr habe ich Eddie dann von innen komplett ausgenommen, und von der Isolierung bis zum Bett alles neu gemacht. Das habe ich im Eildurchlauf in ca. 6 Wochen erledigt.


Wieso reist du mit dem eigenen Fahrzeug und nimmst nicht den Flieger?


Den Flieger nehme ich bereits seit fünf Jahren nicht mehr – ursprünglich aus ökologischen Gründen. Später realisierte ich zusätzlich, dass so das Reisen einfach abenteuerlicher ist und mehr Spaß macht.

Ich glaube zudem, dass das Reisen per Flugzeug für den menschlichen Geist nicht gesund ist – der Wechsel von einem Land zum anderen, von einer Klimazone in die nächste, von einer Kultur zur anderen ist schlichtweg zu schnell und abrupt.

Deshalb bevorzuge ich slow travelling – ursprünglich vor allem per Backpack mit dem Daumen als Fahrtticket, mittlerweile eben vor allem mit dem Van.

Welche Länder hast du bereist und was waren deine Favoriten?


Bisher war ich überwiegend in Europa unterwegs. In den Anfangsjahren vor allem im Norden: England, Irland, Schottland, Schweden, Norwegen – aber auch in den Nachbarländern Deutschlands, Tschechien oder Frankreich.

In den letzten zwei Jahren bin ich vor allem in Spanien und Portugal sowie Marokko gewesen. Derzeit reise ich über die Balkanländer nach Griechenland und in die Türkei.

Am wohlsten fühlte ich mich bisher wohl in Spanien und Portugal. Während Portugal sich für mich nach Urlaub anfühlt, ist Spanien quasi meine erste Heimat – selbst mit Deutschland assoziiere ich mich mittlerweile weniger.


Gab es Länder, in denen du als Camper-Reisender nicht so gut empfangen wurdest?


Am ehesten noch Deutschland. Aber unter’m Strich alles easy!

Was war die längste Strecke, die du bisher am Stück gefahren bist?


Etwa 500 km – anstrengend und laut, nach einigen Stunden wird es aber zu einer Art Meditation.

Wo übernachtest du, wenn du mit deinem Mercedes L407D unterwegs bist? Campingplatz? Wildcampen?


Immer wild. In meinen zwei Jahren als Vanreisender habe ich noch nie für einen Campingplatz bezahlt.


Gibt es Dinge, die dich am Vanlife nerven?


Klar, es gibt ein paar Kleinigkeiten. Die größte Einschränkung für mich ist es aber, immer draußen Yoga zu praktizieren.

Die Suche nach einem geeigneten Platz kann manchmal echt frustrierend sein – und im Winter friert man sich Zehen und Finger ab.

Nicht alles ist perfekt, was könnte man an deinem Mercedes L407D besser machen?


Wer den Blickwinkel wechselt, wird feststellen, dass tatsächlich alles perfekt ist – und die scheinbaren “Fehler” Teile des großen Ganzen sind.

Um die Frage aber weniger philosophisch zu beantworten: Klar könnte man immer noch etwas machen. Mein größter Wunsch für meinen Van Eddie wäre definitiv ein Hochdach – damit ich im gesamten Wohnraum Stehhöhe habe.

Aber ob’s dazu jemals kommen wird, steht in den Sternen.

Hat Vanlife dich in irgend einer Art und Weise verändert? Glücklicher gemacht? Minimalistischer?


Im Van zu leben, hat mir – der an das Backpacker-Leben von Tag zu Tag gewöhnt ist – gewissermaßen mehr Sicherheit und Beständigkeit in mein Leben gebracht.

Ich kann nach wie vor meine Reiselust ausleben, habe dabei aber mein rollendes Haus dabei, das mir Schutz, Wärme und Komfort bietet.

Dadurch bin ich gewissermaßen etwas bequemer geworden – im Vergleich zum Leben aus dem Rucksack ist das Vanlife nicht gerade minimalistisch, aber es fühlt sich nachhaltig für mich und meine Gesundheit an.

Darüber hinaus verändert Vanlife viele kleine Aspekte des Lebens. So habe ich zum Beispiel gelernt, mehr Ordnung zu halten – da dies auf kleinem Raum unabdingbar ist.

Generell verändert man sich aber natürlich permanent im Leben – jeden Tag. Da ist es schwer zu sagen, welche Veränderungen jetzt wodurch kommen. Ich genieße einfach den Fluss des Lebens. 🙂


Arbeitest du auch von unterwegs aus?


Ja. Ich arbeite seit vielen Jahren als freiberuflicher Autor und Lektor im Online- und Print-Bereich, derzeit vorwiegend für das Nachhaltigkeitsportal Utopia.de.

Darüber hinaus unterrichte ich Yoga auf Spendenbasis und mache Straßenmusik mit der sogenannten Santur, einem traditionellen persischen Instrument. Mitunter handle ich auch mit verschiedenen Waren, etwa Handerwerkskunst aus Marokko.

Wo soll es als Nächstes hingehen mit deinem Mercedes L407D?


Wie gesagt, bin ich aktuell auf dem Weg nach Griechenland und in die Türkei. Für nächstes Jahr und darüber hinaus habe ich viele Ideen, aber keine Pläne: Die skandinavischen Länder reizen mich genauso wie Osteuropa und Russland, aber auch nach Asien möchte ich gerne eines Tages reisen.

Nepal und Bhutan sind seit vielen Jahren ein kleiner Traum für mich.


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