Piaggio Porter – ein Minivan auf Rädern
Ein Piaggio Porter als Camper ausbauen? Auf diese Idee ist Kerstin von Körmi Körmet gekommen – sie fährt ein echtes Zuhause auf Rädern.
Der Piaggio Porter ist kein alltägliches Fahrzeug in Deutschland, daher ist es umso spannender Kerstin und ihren kleinen Camper in die Stories aufzunehmen.
Bevor wir mit dem Interview starten, will ich euch kurz die Eckdaten zum Piaggio Porter nennen!
Eckdaten zum diesem günstigen Expeditionsmobil:
- Hersteller: Piaggio
- Modell: Porter
- Baujahr: 2009
- Sitzplätze: 2
- Gesamtgewicht: ca. 1200kg mit Ausbau
- Kilometerstand: 60 400
- Hubraum: 1296cm^3
- Leistung: 64 PS
- Verbrauch auf 100km: +/- 7l
- Führerscheinklasse: B
- Höchstgeschwindigkeit: 134 km/h
- Kraftstoff: Super 95
- Preis: 1700€ gebraucht
- Jährliche Reparaturkosten: habe ihn erst ein Jahr
- Versicherung: Haftpflicht
- Kfz-Steuer: LKW
Du hast dir einen Piaggio Porter zugelegt, wieso hast du dich dafür entschieden?
Der Hersteller und das Modell waren eher zufällig. Nach einer längeren Reise durch Südamerika in einem unausgebauten Nissan Terrano mit sehr wenig Platz, stand für mich fest, ich möchte mein eigenes mobiles Zuhause ausbauen.
Es sollte ein Fahrzeug werden, das auch in der Stadt überall einen Parkplatz findet und nicht direkt als Camper auffällt.
Die, wie zusammengeschrumpfte VW Busse aussehenden, Minivans ließen mein Herz schon immer höher schlagen. Eines Abends, zurück in Deutschland, dachte ich mir dann, warum eigentlich nicht und machte mich bei Ebay Kleinanzeigen auf die Suche nach so einem Spielzeugauto.
Danach ging alles ganz schnell und ehe ich es mir noch einmal anders überlegen konnte, stand der kleine orangene Flitzer ausbaufähig in unserer Garage.
Welche Hürden bei der Anschaffung deines Campers waren schwierig zu meistern?
Es gibt in Deutschland nicht viele Minivans, ich hatte Glück und habe einen in nur vier Stunden Entfernung von meinem Zuhause gefunden. Doch diese erste Fahrt stellte sich als etwas komplizierter und länger heraus als erhofft.
Immer wieder griff das Gas nicht mehr und wir standen drei mal auf dem Seitenstreifen und mussten überbrückt werden. Zu der Zeit hatte Piaggio Porter allerdings noch eine orangene Sirene auf dem Dach und die sonstigen Merkmale von einem Stadtwerkefahrzeug.
So machten wir nicht den Anschein als bräuchten wir Hilfe. Nach acht Stunden haben wir es dann auch endlich geschafft. Das Ende vom Lied war eine defekte Lichtmaschine.
Die Farbe fand ich zunächst auch schrecklich, mittlerweile zählt orange zu meinen Lieblingsfarben.
Machst du alles an deinem Camper selbst oder lässt du eher schrauben?
Von der ganzen Mechanik habe ich leider recht wenig Ahnung… Einiges habe ich vor meiner Abreise noch in der Werkstatt machen lassen, anderes haben talentierte Familienmitglieder für mich übernommen oder mich angeleitet.
Beispielsweise habe ich den Unterboden von Rost befreit und behandelt. Dabei hat der Tank jedoch ein Loch bekommen und musste ausgetauscht werden. Wie man sieht, bin ich nicht sonderlich talentiert.
Aber fingers crossed, dass der kleine Piaggio noch einige Zeit so gut weiterläuft, wie im letzten halben Jahr und gar nichts geschraubt werden muss.
Du hast dir am Anfang deines Ausbaus sicherlich einen Plan gemacht. Wie bist du vorgegangen?
Das Projekt wurde spontan zu einem Teil meiner Bachelorarbeit in Architektur mit dem Thema „Minimal Mobil – mobiles Wohnen auf engstem Raum“.
Somit konnte ich mich intensiv mit dem Thema und der Planung auseinandersetzen. Dabei sind sehr viele verschiedene Alternativen, Ansätze und Entwürfe entstanden.
Ich habe in dieser Zeit sehr viel recherchiert und mich von verschiedenen Selbstbauprojekten, renommierten Camperausbaufirmen, Tinyhouseprojekten und Wohnformen inspirieren lassen.
Für den engen Raum meines Piaggio Porters habe ich mich dann für eine Multifunktionslösung entschieden, die je nach Klappzustand der Bestandteile andere Räume schafft.
Neben einem Schlaf- und Wohnzimmer im Innenraum, öffnet sich nach außen Küche, Ess- und Badezimmer. Die Konstruktion sollte leicht und einfach selbst zu bauen sein.
Dafür habe ich mich auch immer wieder mit Spezialisten besprochen und meinem Umfeld meine Ideen vorgeführt.
Wieso fährst du “immer noch” das selbe Fahrzeug und bist nicht auf ein neueres Modell umgezogen?
So alt ist Piaggio Porter ja noch gar nicht und er bietet allen nötigen „Luxus“ , den man sich als Student so leisten kann. Zunächst dachte ich nach meiner Testreise verkaufe ich ihn wieder.
Der kleine Piaggio ist mir mittlerweile aber so ans Herz gewachsen, dass ich mir nicht vorstellen kann mich jemals von ihm zu trennen.
Wie lange hast du an deinem Camper gearbeitet, bis du losgefahren bist?
Knapp vier Monate, drei davon habe ich geplant und mechanische Problemchen behoben. In dem letzten Monat ging es dann an die Umsetzung, die mit dem ausgearbeiteten Bauplan und Unterstützung von einem befreundeten Schreiner und meiner Familie ziemlich schnell ging.
Wieso reist du mit dem eigenen Fahrzeug und nimmst nicht einfach den Flieger?
Seitdem ich 18 bin, war ich viel in der Welt unterwegs und bin dabei auch ziemlich viel geflogen. Ich habe unterwegs dann schon auf drei anderen Kontinenten Fahrzeuge gekauft und diese notdürftig und sehr spartanisch als zuhause umfunktioniert.
Diese Art des Reisens hat mir immer schon am besten gefallen. Ein eigenes Fahrzeug gibt mir das Gefühl von einem Zuhause, egal wo in der Welt ich mich gerade befinde.
Und doch ist man damit mobil und frei für spontane Aktionen. Vor allem aber hat man damit garantiert die schönsten Schlafplätze, man lebt im Einklang mit der Natur und es bietet kreativen Freiraum, auch für die Rückbesinnung auf das Nötigste.
Ebenso trifft man auf viele Gleichgesinnte und interessante, inspirierende Persönlichkeiten. Ich glaube hinter dieser minimalistischen Wohnform steckt sehr viel Potential für die zukünftigen Lebens- und Arbeitsformen auf unserem überlasteten Planeten.
Wie viele Kilometer fährst du auf deinen Reisen am Tag?
Auf meiner ersten Testreise letztes Jahr bin ich von August bis Dezember in vier Monaten 10 000 km entlang der französischen, spanischen und portugiesischen Atlantikküste gefahren.
Das macht im Durchschnitt unter 100km am Tag. Oft fahre ich aber auch mehrere Tage gar nicht, wenn mir ein Ort gut gefällt.
Wo übernachtest du, wenn du mit deinem Camper unterwegs bist?
Eigentlich, wenn möglich immer direkt am Strand, wo ich mit einem Blick aus dem Fenster die Wellen sehen kann. Auf jeden Fall aber frei in der Natur irgendwo. Außer in größeren Städten, dort habe ich jetzt ein- zweimal auf einem Stellplatz geschlafen oder mich ganz unauffällig auf öffentliche Parkplätze gestellt.
Du bist jetzt erstmal fertig mit deinem Umbau, würdest du rückblickend Dinge anders lösen?
Die Grundideen haben sich eigentlich alle ziemlich gut bewährt… Es gibt aber natürlich ein paar Dinge die ich noch ändern möchte bzw. erweitern, wie beispielsweise eine Dachterrasse, bessere Regentauglichkeit bei schlechtem Wetter und ein paar Fächer modifizieren.
Vielleicht würde ich dem Bett auch 10cm mehr Platz geben, zu zweit ist es doch sehr sehr kuschelig.
Der eine oder andere Camper gefällt dir sicher auch, wenn du ihn siehst. Was wäre deine zweite Wahl?
Schwierig, mir gefallen ganz viele andere Camper, ich würde mir die meisten selbst aber nicht anschaffen wegen ihrer Größe und meinen Fahrkünsten. Viel lieber würde ich mir den Traum eines selbstgebauten Tinyhouses verwirklichen.
Wo soll es als nächstes hingehen mit deinem Camper? Plaudere doch ein bisschen aus dem Nähkästchen!
Ich bin jetzt gerade wieder zurück in Andalusien bei meinem kleinen Piaggio Porter. Der vorläufige Plan ist, im nächsten halben Jahr die selbe Strecke wieder zurück zu reisen. Endziel wäre dann die Bretagne im Sommer.
Ich habe so eine Vision/Traum von einem selbst gemachten Buch und werde diese jetzt erst einmal auf ihre Machbarkeit überprüfen. Davon hängt meine weitere Reise ab, ich bin gespannt, wo sie hinführt. Das Schöne ist ja, dass man mobil ist.
Der Piaggio Porter ist wirklich ein außergewöhnliches Wohnmobil. Noch kompakter geht es kaum. Wer mehr von Kerstin sehen will, der schaut mal auf ihrer Website, ihrem Instagram oder bei Facebook vorbei.
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