Annett und Stefan führen eine Fernbeziehung. Das kompensieren sie dann zum Teil mit der unvermeidbaren Nähe in ihrem VW T5 Campervan. Sie genießen es, einfach einsteigen zu können und los zu fahren.
Wir sind Annett und Stefan, beide Ende 30. Annett ist Kinderkrankenschwester in Lübeck, ich bin in Heilbronn bei einer großen Supermarktkette in der Werbung.
Momentan führen wir also noch eine Fernbeziehung. Das kompensieren wir dann zum Teil mit der unvermeidbaren Nähe in unserem kleinen Bulli VW T5 Campervan. Wir genießen es, einfach einsteigen zu können und los zu fahren.
Es stellt sich sofort ein Freiheitsgefühl ein. Man ist flexibel und ungebunden und entdeckt Orte, die man als Pauschaltourist eher selten sieht. Zudem fühlt man sich der Natur wesentlich näher, als in einem Hotel.
Dann sind da natürlich auch noch die Begegnungen mit tollen Menschen. Vom Aussteiger über den Studenten bis hin zum Rentnerpaar aus England – jeder hat seine Geschichten und das macht es spannend.
Angefangen hat alles 2016. Da haben wir uns einen Marco Polo gemietet und sind die französische Westküste abgefahren. Annett hatte schon Erfahrungen im Camper.
Ich war absoluter Neuling. Am ersten Morgen sind wir auf den Klippen in Étretat aufgewacht. Da hat mich das Vanlife-Feeling gepackt. 2017 haben wir dann noch einmal einen California gemietet, aber der Entschluss stand bereits fest, es muss ein eigener Camper her.
Da haben wir viel hin und her überlegt. Am Ende stand aber fest, dass wir einen kompakten, alltagstauglichen Wagen brauchen, mit dem wir auch in der Stadt einen Parkplatz finden.
Da wir gerne surfen, sind wir auch oft an der Atlantikküste. Gerade in Frankreich sind viele Plätze durch Höhenbegrenzungen eingeschränkt. Also wollten wir möglichst unter 2 Metern Höhe bleiben.
Dann haben uns die zum Teil übertriebenen Preise für einen VW T4 abgeschreckt. Also haben wir nach einem neueren VW T5 Campervan mit guter Substanz gesucht.
Versorgerbatterie und Standheizung wollten wir auch gerne bereits verbaut haben. Bei unserem Bus hatten wir einfach ein gutes Gefühl und deshalb haben wir zugeschlagen.
Man muss sich natürlich reduzieren, aber das ist auch mal ganz gut. Dann merkt man mal, wie wenig man wirklich braucht. Und trotzdem bringen wir oft noch saubere Wäsche mit zurück. Außerdem kann man unterwegs ja auch mal waschen.
Alles, was wir wirklich brauchen, hat seinen Platz gefunden. Sogar eine Notfalltoilette ist an Bord. Unsere neueste Errungenschaft ist eine Dusche mit Akku-betriebener Tauchpumpe.
Wichtig bei unserem Ausbau war uns halt, dass wir unsere Surfbretter im Bus transportieren können, wegen der bereits erwähnten Höhenbegrenzungen. Das klappt auch ganz gut.
Die gesamte Planung stammt von uns. Wir hatten aber das große Glück, dass wir Freunde haben, die uns toll unterstützt haben. Annetts Bruder ist KFZ-Mechaniker und hat sich das Fahrzeug angeschaut, uns mit Werkzeugen ausgeholfen und die Außensteckdose gesetzt.
Ein Freund ist Tischler mit eigener Werkstatt und mit ihm zusammen haben wir dann die Möbel gebaut. Er ist natürlich viel schneller darin, Maße richtig zu nehmen und die Einzelteile zurecht zu sägen.
Sein Bruder wiederum ist Elektriker. Er hat final überprüft, ob alles vernünftig angeschlossen ist. Ohne so eine tolle Unterstützung hätten wir den Ausbau nicht so schnell umgesetzt.
Das versuchen wir eigentlich zu kombinieren. Um ein Land kennenzulernen, gehört es für uns dazu, große Städte, kleine Orte und die Natur zu erleben. Geschlafen wird aber lieber außerhalb der Stadt. Es sei denn, man benötigt dringend eine neue Starterbatterie.
Das ist uns direkt auf der ersten Reise passiert. Auf dem Weg nach Norwegen haben wir die allererste erste Nacht im eigenen Camper abgelegen in Dänemark verbracht, um am nächsten Morgen, einem Sonntag, früh zur Fähre zu kommen.
Dann springt der Wagen nicht an. Zufällig kamen zwei Dänen vorbei, die uns Starthilfe gegeben haben. Zum Glück sind wir dann von der Fähre wieder runtergekommen.
In Norwegen haben wir uns dann einen zentralen Schlafplatz gesucht, weil am nächsten Tag eine neue Batterie her musste. Preislich eher nicht zu empfehlen, aber nach ausgiebigem Test dringend nötig. Vom Mechaniker gab es aber noch ein paar Reisetipps.
Wir stehen da noch am Anfang. Die erste Reise im gemieteten Camper ging nach Frankreich. Von der Normandie die Küste entlang runter nach Biarritz und zurück durch die Provence mit einem Abstecher in die Schweiz.
Auf der Tour haben wir in La Palue übernachtet. Da hatten wir einen wirklich tollen Platz, von dem aus wir die Wellen beobachten konnten.
Im nächsten Jahr sind wir quer durch Frankreich, haben an der Atlantikküste auf Höhe Bordeaux Freunde getroffen und sind dann die spanische Nordküste entlang gefahren.
Zurück haben wir in Holland auf einem Minicamping-Platz geschlafen. Das ist wirklich zu empfehlen. Oft sind das kleine Höfe, die eine geringe Anzahl an Stellplätzen anbieten. Dann haben wir in Ostfriesland noch über Landvergnügen auf einem Bauernhof übernachtet.
Die erste Reise mit dem eigenen Bulli ging dann durch Dänemark nach Norwegen.
Dort sind wir die Küste hochgefahren, über die Atlantik Road und dann runter über Lillehammer und Oslo nach Schweden, wo wir uns Göteborg und Malmö angesehen haben. Norwegen ist einfach ein Traum. Preikestolen, Geirangerfjord, Trollstigen – alles sehr beeindruckend.
Aber uns hat es Hoddevik besonders angetan: ein kleiner Strand am Ende einer Straße, der von Bergen umgeben ist.
Unsere erste Tour durch Frankreich war insgesamt 4.800 km lang. Da waren wir aber kaum mal zwei Nächte an einem Ort. Mittlerweile bleiben wir auch mal länger an einem Platz, wenn es uns gefällt.
Diese Flexibilität ist ja mit ein Grund dafür, im Bulli unterwegs zu sein.
Da variieren wir. Hauptsächlich stehen wir frei. Wir suchen uns Plätze über die altbekannten Apps oder fahren einfach mal drauf los. Wir mögen es, alleine oder in kleinen Gruppen zu stehen.
Aber wenn wir länger als eine Woche unterwegs sind, gönnen wir uns gelegentlich mal einen Campingplatz mit warmer Dusche und nutzen die Möglichkeit zum Wäschewaschen.
Für Kurztrips in Deutschland nutzen wir auch gerne Landvergnügen. Man findet immer einen netten Hof und lernt nebenbei oft noch was über den Betrieb.
Meistens stehe ich frei. Optimal natürlich in ruhiger abgelegener Natur. Habe aber auch schon in Großstädten wie Mailand im Bulli übernachtet.
Campingplätze fahre ich so ca. alle zehn Tage mal an. Für den Rundumschlag, Wäsche waschen und trocknen, ausnahmsweise dann mal heiß und ausgiebig duschen und ggf. um größere Datenmengen mit dem dann hoffentlich schnellen WLAN hochzuladen.
Ganz klar die Gedankenlosigkeit einiger weniger. Wir können nicht nachvollziehen, warum man seinen Müll nicht wieder mitnimmt.
Klar fahren wir alle nicht die umweltfreundlichsten Autos und wir wollen auch gar nicht mit dem grünen Finger auf andere zeigen.
Aber für uns ist es selbstverständlich, dass wir unseren Platz mindestens so sauber verlassen, wie wir ihn vorgefunden haben. Schließlich soll sich der nächste auch an dem Platz erfreuen können.
Nicht weniger oder mehr als sonst. Bisher hatten wir aber auch das Glück, dass wir nie längere Regenphasen hatten. Wer weiß, wie das dann aussieht. Aber eigentlich sind wir eher ruhige Gemüter.
Dass man mal nicht einer Meinung ist, gehört ja zu jeder Beziehung dazu.
Bei unserem Kocher haben wir uns für einen zweiflammigen Spirituskocher entschieden. Der wird nämlich vom TÜV auf jeden Fall akzeptiert, wenn man eine Wohnmobilzulassung haben möchte.
Wir sind auch echt zufrieden. Vor allem muss man nicht nach Kartuschen suchen, geschweige denn eine Gasprüfung machen lassen. Spiritus bekommt man eigentlich überall.
Der Kocher ist bei uns in einer Schublade festgeschraubt. Wir können aber ganz einfach die ganze Schublade entnehmen und draußen kochen.
Zu essen gibt’s dann eigentlich alles frei Schnauze: Nudeln mit Pesto, Wraps, One-Pot-Gerichte… Wir schauen auch immer, was typisch für die Region ist und probieren was aus.
Das auf den Monat runter zu brechen ist schwierig. Es ist natürlich auch immer vom Reiseland abhängig. Für den letzten einwöchigen Frankreich-Trip haben wir für zwei Personen inklusive Sprit etwas mehr als 250 Euro ausgegeben.
Der Norwegen-Trip war da schon etwas teurer. Da waren wir bei knapp drei Wochen inklusive Sprit ca. bei 2.000 Euro. Wir haben uns allerdings auch mal einen Restaurantbesuch gegönnt und waren drei Nächte auf kostenpflichtigen Stellplätzen.
Zudem sind wir ja auch mit der Fähre gefahren.
Wir arbeiten beide Vollzeit und haben daher nur unsere Urlaubstage und die Wochenenden zum Reisen. Für Annett ist es als Kinderkrankenschwester auch schwierig, von unterwegs zu arbeiten.
Bei mir wäre es sicher möglich. Mal sehen, ob sich das noch ergibt.