Julia ist Designerin und Fotografin und lebt zeitweise in ihrem Volkswagen LT 28. Ihren gemütlichen Camper hat sie selbst liebevoll ausgebaut und nutzt ihn nun zum reisen.
Ich bin Julia und habe den Volkswagen LT 28 vor 5 Jahren, noch in meinem Studium, von einem kleinen Wettbewerbspreisgeld gekauft.
Von #vanlife hatte ich da noch gar nichts mitbekommen, sondern schaute gerne ewig auf Landkarten und sehnte mich bei Regenwetter am Atlantik nach einem trockenen Camper an Stelle meines Zeltes.
Die Freiheit, eine Mini-Wohnung immer dabeizuhaben und mit ihr überall anzuhalten, ohne Spuren zu hinterlassen, finde ich großartig.
Ich mag gerne die kantigen Karosserien der 70er und 80er Jahre, Fahrzeuge mit Charakter. Volkswagen musste es damals für mich irgendwie sein, dabei dachte ich zuerst an den VW T3.
Als einmal in meiner Straße diese sympathisch-große Bulli-Variante parkte, wusste ich: Der ist es.
Ein LT hat im Vergleich zu seinem kompakten Außenmaß wirklich viel Platz innen und ist damit super für lange Reisen und intensives Nutzen geeignet.
Zum Kaufzeitpunkt hatte ich überhaupt keine Erfahrungen mit Autos (oder Technik im Allgemeinen). Mein LT war in denkbar schlechtem Zustand, was mir erst nach und nach klar wurde.
Aus der zunächst hoffnungslosen Situation heraus habe ich dann aber wahnsinnig viel Kraft geschöpft, mir Vieles selbst beigebracht und ein Restaurationsziel nach dem anderen gesetzt.
Die kleinen Erfolge motivierten mich, immer weiterzumachen und nicht aufzugeben, wenn es schwierig wird. Das hat sich auch auf andere Lebensbereiche übertragen, worüber ich im Nachhinein sehr froh bin.
Mein LT hat H-Kennzeichen und einen professionell ausgeführten Selbstausbau aus den 80er Jahren. Wir mussten den Bus komplett entkernen und viel schweißen, haben die originalen Möbel danach aber aufgearbeitet und mit neuen Gas-, Wasser- und Stromleitungen wieder eingebaut.
Mein Freund, für den das alles auch neu war, hat mich bei der ganzen Restauration unterstützt und stundenlang mit mir in der Halle geschliffen, geflext und geschraubt. Das Schweißen haben dennoch Fachleute übernommen.
So oft und lange es der Alltag zulässt. Einige lange Wochenenden zwischendurch und meist zwei mehrwöchige Touren im Jahr.
Neben Deutschland war ich mit dem Volkswagen LT 28 bisher in Frankreich, Luxemburg, Belgien, Tschechien, Polen, Litauen, Lettland, Estland und Finnland unterwegs.
Eher umgekehrt, ich verreise fast immer zusammen mit meinem Freund und manchmal kommen auch Geschwister oder Freunde mit.
Angenehm sind bis zu 200 km pro Tag. 600 km lang war die längste Strecke, die ich an einem Tag gefahren bin, aber bei 80 km/h Reisegeschwindigkeit war das wirklich anstrengend.
Wir übernachten meistens frei, irgendwo in der Natur oder in der Nähe kleiner Dörfer.
Der Camper ist so ausgebaut, dass man ziemlich autark ist und erst nach etwa einer Woche einen Campingplatz anfahren muss, um Wasser aufzufüllen, die Toilette zu entleeren oder die Bordbatterie zu laden.
Wenn wir surfen gehen, ist oft der Campingplatz der Favorit, weil man nachts die Boards und nassen Neos draußen lassen kann.
Wir stehen selten länger als zwei Nächte am selben Ort, aber freuen uns, wenn wir unterwegs interessante Leute treffen.
Meistens versuchen wir auch, in Kontakt zu bleiben — so wie letzten Sommer, als wir in Lettland ein finnisches Pärchen auf Europareise kennengelernt und uns später nochmal in Deutschland zum Campen getroffen haben.
Reisen bildet — so gesehen kann man eigentlich gar nicht genug reisen. Wobei man sicherlich auch verschiedene Reisearten unterscheiden muss.
Die Entscheidung, dass mit einem über 40 Jahre alten Kastenwagen zu tun, ist auch ein Statement gegen den Massentourismus, die Verschwendung, den Konsum und die Wegwerfgesellschaft.
Ein Auto, das schon längst auf dem Schrott gelandet wäre, dank seiner einfachen Mechanik immer wieder zu reparieren, sehe ich als Weg zu Entschleunigung und mehr Nachhaltigkeit.
Diese Art die Welt zu sehen, zeigt einem, was wirklich wichtig ist und regt natürlich an, vieles zu hinterfragen, was längst zur Gewohnheit geworden ist.
In Deutschland bin ich noch auf Entdeckungsreise. Hier suche ich einsame Natur, Gegenden, die man bisher nicht beachtet hat.
Der Schwarzwald ist z.B. ganz in der Nähe und hat viel mehr zu bieten als sein etwas klischeehafter Ruf.
Als Kommunikationsdesignerin wäre das möglich, aber bisher war ich nicht so lange unterwegs, als dass es nötig gewesen wäre.
Ich fotografiere dann viel und finde Inspiration in anderen Ländern und Kulturen, genieße Zeit zum Nachdenken und Umdenken.