Auf dem Cambrian Way
Wales mit dem Wohnmobil, das wäre mal eine Sache. Da ich (Paul) für diese Reise leider absagen musste, ist Fabian eingesprungen. Hier eine kleine Zusammenfassung der Reise mit dem Camper durch diesen Teil Englands.
Starten wir wie immer mit ein paar allgemeinen Infos!
Erste und wichtigste Information für Wohnmobilfahrer: es herrscht Linksverkehr.
Des Weiteren ist zu beachten, dass die Straßen in ländlichen Gegenden und an der Küste sehr eng werden können. Es wird teilweise gutes fahrerisches Können verlangt.
In Wales, wie auch im Rest vom United Kingdom, bezahlt man mit dem Pfund. Aktuell bekommt man für einen Euro 0,87 Pfund oder anders herum für einen Pfund 1,15 Euro (Stand 13.5.2019).
Lebt man sparsam, kauft im Supermarkt ein und legt keine großen Strecken mit dem Wohnmobil zurück, so kann man schon mit 20 Pfund am Tag gut durchkommen.
Hat man keine Lust zum Selberkochen, sollte man 50 bis 60 Pfund als Tagesbudget ansetzen.
Um mit dem Wohnmobil nach Wales zu gelangen, muss man vom europäischen Festland aus die Fähre nehmen oder den Autozug von Calais nach Folkestone.
Die Einreise könnte sich in Zukunft aufgrund des Brexits etwas in die Länge ziehen und mit mehr Kontrollen verbunden sein.
Trotz dessen, dass Walisisch die zweite Amtssprache ist, spricht so gut wie jeder Englisch als Muttersprachler.
Nach ein paar Stunden hat man sich auch schnell an den Akzent gewöhnt. Ansonsten bemühen sich die Menschen bei Missverständnissen um eine verständlichere Aussprache.
In ganz Wales gibt es mehr als 100 Campingplätze.
Das Angebot ist also groß und reicht vom Stadtcampingplatz, dem Stellplatz direkt am Meer oder in atemberaubender Bergkulisse bis zu Dauercampingplätzen.
Es sollte für jeden Geschmack etwas dabei sein.
Wales, da denken viele wahrscheinlich erstmal an England. Tut man dies, so liegt man natürlich mit der Britischen Insel geographisch richtig, jedoch liegt man falsch damit, Wales als England zu bezeichnen.
Das war eine der ersten und wichtigsten Sachen, die mir über dieses kleine Land im Westen des Vereinigten Königreichs beigebracht wurden.
Denn die Waliser sind sehr stolz auf ihr Land und die Abgrenzung zum Rest der Insel ist ihnen eine Herzensangelegenheit. Sie leben zwar in einem Land, das auf dem Papier ein Teil des Vereinigten Königreichs ist, jedoch, weitgehende Eigenständigkeit beansprucht.
Genau das durfte ich direkt am ersten Tag der Reise erfahren. Wir bekamen die Aufgabe ein Picknick mitten in der Stadt, im Cardiff Castle zu veranstalten, bei welchem wir nur Lebensmittel aus Wales essen durften.
Es gab dann solche Leckereien, wie „Laverbread and Cockles“, was ich als walisisches Sushi betitelt habe. Laverbread ist eine Algen-Creme, die wir auf einem Cracker getoppt mit Muschelfleisch, den Cockles, aßen.
Dazu ein verrücktes Craftbeer von der Tiny Rebel Brauerei, die auch ein Bier brauen, das tatsächlich nach Himbeermarmelade schmeckt. Gin and Tonic aus Wales durfte natürlich in Insel-Manier nicht fehlen.
Um die ganze Sache mit etwas Süßem abzurunden, gab es dann die berühmten „Welsh Cakes“. Und das wir wirklich ein großes Ding in Wales.
Gefühlt jeder Waliser kann dir dazu etwas sagen, hat ein eigenes oder Familienrezept oder hat den „Bakestone“, auf dem die kleinen Teiglinge gebacken werden von seinen Großeltern geerbt und führt eine Tradition fort.
Die Welsh Cakes haben uns auf unserem ganzen Roadtrip begleitet und gefühlt habe ich gut 1,5kg davon gegessen.
Wie sich hier alles um Bücher dreht und was der Herr der Ringe mit Wales zu tun hat
Das kleine Städtchen Hay-on-Wye ist komplett bücherverrückt. Es ist weltweit der Ort mit den meisten Büchergeschäften, die Secondhand-Bücher verkaufen.
Wir mussten, um den zweiten Teil unserer Challenge für diesen Tag zu schaffen, durch die Buchläden fragen, um zwei bestimmte Bücher über Wales zu finden. Dabei erfuhren wir so einige interessante Details über das kleine Städtchen.
Das Literatur-Festival ist weltbekannt und zieht dementsprechend jährlich viele Besucher und eben auch Promis wie auch Stars der Literaturszene an.
Es gab Momente, in denen ich mich wie in einem Harry-Potter-Filmset gefühlt habe. Buchläden, die überfrachtet waren mit alten Wälzern und antiken Ladenmöbeln und Verkäufern, bei denen nicht ganz klar war, ob sie tatsächlich aus unserer Zeit stammen.
Bleiben wir in einer Zauberwelt, denn diese hilft sehr dabei sich den Klang der walisischen Sprache vorzustellen, denn diese klingt fast wie das Elbisch aus dem Herrn der Ringe von Tolkien.
Tolkien selbst hat sich tatsächlich des Öfteren in Wales aufgehalten und die Ähnlichkeit seiner Phantasiesprache zum Walisischen ist nicht von der Hand zu weisen.
Das Walisisch, als eine der keltischen Sprachen, ist in Wales noch lebendig und wird von ca. Dreiviertel Millionen gesprochen.
Es ist neben Englisch auch Amtssprache und so sind beispielsweise alle Straßenschilder zweisprachig. Auch auf das Walisisch sind die Menschen, die uns begegnen sehr stolz.
Die Sprache wird gepflegt und die Menschen versuchen sie auch wieder mehr zu verbreiten und das damit verbundene Erbe am Leben zu halten.
Video Tag 2
Die Regionen von Wales mit dem Wohnmobil zu durchquerten, waren eher von Bergen geprägt und so kann man die Rechnung aufmachen, dass wir nicht die schnellsten waren mit einem 40 Jahre alten T2.
Und so muss man auch in die Gleichung mit aufnehmen, dass der luftgekühlte Motor das nicht so sehr mag, mit geringer Geschwindigkeit Berge heraufzufahren.
So kam es, wie es fast unweigerlich kommen musste, der Motor überhitzte etwas und ließ die Zündkreisläufe zusammenschmelzen.
So liegt aber auch eben in jeden vermeintlich Schlechtem auch etwas Gutes: wir durften die Hilfsbereitschaft der Waliser kennenlernen.
Auf dem Weg zur Werkstatt wollte Rose nicht mehr und der Motor sprang an einem Stoppschild nicht mehr an. Sofort sprangen einige Männer hinter uns aus ihren Autos und fingen zusammen an mit mir – es waren nur noch ca. 500 Meter bis zur Werkstatt – zu schieben.
Ob wir abgeschleppt werden wollten, wurde gefragt. In der Werkstatt empfing man uns mit unglaublicher Freundlichkeit und wir konnten schon am nächsten Nachmittag Rose abholen, die fast wie neu klang.
Video Tag 3
Wunderschöne und actionreiche Bergwelten – Ziplining und Untergrund-Trampolins
Im Snowdonia Nationalpark wurde früher im großen Stile Schiefer gefördert. Heute gibt es noch einige aktive Minen. So auch die, in die wir gekommen sind.
Wir waren aber nicht wegen des Schiefers dort, sondern wegen der weltschnellsten Zipline (Seilbahn). Man gleitet ungeahnt sanft von der Spitze des Berges, Kopf voran, 500 Meter über den türkis strahlenden See des alten Steinbruchs mit ungefähr 120 km/h.
So startet unser letzter Tag der Destination Challenge.
Der Snowdonia Nationalpark verwöhnte uns mit malerischen, dramatischen Bergpanoramen. Weitere Dramatik wurde den teils wolkenverhangenen – ja, das typische englische Wetter begleitete uns doch ein Stück auf unserer Reise – Hängen um die Bergbaustadt Blaenau Ffestiniog durch den Abraum der Schieferminen hinzugefügt.
Die Hänge sahen sonderbar geometrisch und menschlich gestaltet aus, auf der anderen Seite wild und zerklüftet und ließen die Ära der Bergbauzeiten erahnen.
So ist es auch ganz typisch für die Region mit dem fast schwarzen Schiefergestein die Häuser zu bauen, die sich Stärke nach außen demonstrieren, sich aber in die Landschaft einfügen.
Es sollte nicht genug sein mit Bergwerken an diesem Tag, denn durch unsere Challenge an diesem Tag wurden wir nicht nur in die Lüfte, sondern auch unter die Erde geschickt.
So fanden wir uns in einer riesigen unterirdischen Mine wieder, in der ein Parcours aus Netzen, Rutschen, Hängebrücken gespannt war.
Nomen est omen: Bounce Below! Bouncen war hier Programm, denn im Prinzip war das alles ein überdimensioniertes Trampolin auf verschiedenen Ebenen verbunden mit Rutschen, Kriechgängen und Hängebrücken. Kopf aus, Verrücktheit an und einfach nur wie ein Flummi rumhüpfen war nun angesagt, bis wir nicht mehr konnten.
Wer also selbst nochmal Kind sein möchte oder sicherstellen möchte, dass die eigenen ausgepowert sind, gönnt sich auf jeden Fall das Bounce Below, denn es ist trotz des Heidenspaßes gut anstrengend.
Unser Roadtrip mit dem Wohnmobil durch Wales endete nach fünf Tagen, wie er gestartet war, wieder am Meer. Auf dem Weg dorthin kamen wir am kleinsten Haus des Vereinigten Königreichs in Conwy vorbei.
Der Fischer Robert Jones verewigte sich im Stadtbild mit einem 1,8 Meter breiten Haus, das tatsächlich noch bis 1900 bewohnt wurde.
Wir erreichten zu Fuß das aller nördlichste Ende des Cambrian Way am Ende des Piers von Llandudno.
Glücklich, stolz und voll mit Eindrücken von fünf vollen Tagen, fünf Challenges schließen wir diese Reise in der Abenddämmerung ab und gesellen uns zu den Locals in einen Pub und genießen unser letztes Pint auf walisischen Boden.
Video Tag 5