Steyr 12M18 – Mit dem Expeditionsmobil die Rente genießen

Steyr 12M18 – Mit dem Expeditionsmobil die Rente genießen



Gerti und Hartmut vom Steyr 12M18 gesellten sich mit Freunden zu uns und es war toll, unterwegs wieder einmal einen großen Lkw zu treffen. Der Innenausbau hatte mich sofort in seinen Bann gezogen.

Hartmut hat alles selbst gemacht und es sah aus wie vom Fachmann. Er hat ungefähr 3!! Jahre am Lkw gebaut und seine Ideen und Überlegungen möchte ich dir natürlich nicht vorenthalten.

Zusammen mit seiner Frau sind sie momentan auf dem Weg nach Australien, über die Stan-Staaten bis nach Indien. Aber lies selbst.


Inhaltsverzeichnis [Anzeigen]



Eckdaten zum Steyr 12M18:

  • Hersteller: STEYR
  • Modell: 12M18
  • Baujahr: 1987
  • Sitzplätze: 2
  • Gesamtgewicht: zulässig 11’500 kg, IST=10’000 kg
  • Kilometerstand: 137’000 km
  • Hubraum: 6600 ccm
  • Leistung: 178 PS
  • Verbrauch auf 100 km: 20-24 Liter
  • Führerscheinklasse: C + CE
  • Höchstgeschwindigkeit: 100 km/h
  • Kraftstoff: Diesel
  • Preis: 20’000 €
  • Versicherung: 158 €
  • Kfz-Steuer: 745 €

Bei der Suche nach eurem Fahrzeug – wie sah da der Anforderungskatalog aus?


Wir wollten ein Allrad Fahrzeug, da wir mit unserem ehemaligen Ducato öfters auf nasser Wiese hängen geblieben sind. Weiter wollten wir mit dem Gewicht wenn möglich unter 7.5 t bleiben.

Um unterwegs unser Fahrzeug selber reparieren zu können, haben wir ein älteres Modell gesucht, dass wenig oder keine Fahrzeug- bzw. Motorelektronik hat.

Und als letztes haben wir nach einem großen Fahrerhaus Ausschau gehalten, damit eine Kühlbox und die Campingausrüstung darin Platz hat.

Welche Hürden bei der Anschaffung eures Steyr 12M18 waren schwierig zu meistern?


Wir haben uns verschiedene Fahrzeugtypen näher angeschaut, welche für uns in Frage kamen und für uns dann folgendes herausgefunden:

– MB Vario: keine gut erhaltene Fahrzeuge am Markt, auch keine jüngeren Baujahres

– Unimog: wegen Motorhaube vor dem Fahrerhaus nur eine kleinere Kabine möglich

– MB 914 / 917: zu laut und untermotorisiert

– MB 1017 /1019: hat zu kleines Fahrerhaus und ist zu laut

– MAN L2000: ideal, wenig Elektronik, größeres Fahrerhaus, aber im Zeitraum des Suchens (2014-2015) nichts am Markt

– Steyr 12M18: von diesem hatte ich bis dato nichts gehört, mir gefiel aber das Fahrerhaus.

Ein Nachteil war für mich das schwer gebaute Fahrgestell, wodurch es nicht möglich war, unter 7.5 t zu bleiben.

Die Preise für einen Steyr 12M18 waren im Jahr 2014 durch nichts zu toppen, weshalb wir uns zum Kauf entschlossen haben.

Die Zulassung für Deutschland, welche die Steyr Lkw’s brauchen, konnten wir anschließend bei der Firma Aigner ohne Probleme machen lassen.


Am Ende und nach einiger Suche seid ihr ja dann beim Steyr 12M18 gelandet – seid ihr zufrieden?


Ja, definitiv! Ich habe sehr wenig Restaurierungsarbeiten machen müssen und die Technik ist überschaubar und leicht zu reparieren.

Die Leerkabine habt ihr bauen lassen – den Rest habt ihr selber gemacht und das kann sich sehen lassen. Hast du dir alles selber beigebracht, oder woher stammt deine handwerkliche Begabung, die mich ins Staunen gebracht hat?


Die Leerkabine hat für mich ein professionellen Kabinenbauer gebaut, da ich keine Erfahrungen mit GfK-Kabinen hatte (ich wollte unbedingt eine GfK-Kabine), keine beheizte Halle hatte.

Zu meinem handwerklichen Geschick. Seit meiner Lehre war ich in der Automobiltechnik tätig. Die letzten 35 Jahre habe ich in der Konstruktion und im Projektmanagement gearbeitet.

In der Automobiltechnik wird mit einer Genauigkeit von 1/10 mm gearbeitet und das passte auch zu meinem persönlichen Stil.

Außerdem wollten wir es auch sehr schön und bequem haben, denn ein zweites Expeditionsfahrzeug wird es bestimmt nicht geben. Geübt habe ich an unserem Ducato-Wohnmobil, welches auch drei Änderungsschleifen durchlief.

Als dieses fertig war, stand das große Projekt, unser Steyr 12M18, vor der Tür. Na ja, bei allem Perfektionismus, mein Vorschlag an Nachahmer: Nicht zu genau bauen, sondern einfach losfahren.

Wir sind auch mit der Leerkabine vier Wochen nach Marokko gefahren.


Ein professioneller Ausbauer kam nicht in Frage?


Das war für uns eindeutig eine Kostenfrage. Hätten wir das Geld gehabt, hätten wir den Ausbau machen lassen.

Würdet ihr den Steyr 12M18 genauso wieder bauen?


Definitiv Ja! Wir würden zwar ein paar kleine Änderungen vornehmen wie bei der Dusche oder dem System des Stauraumes, aber im Allgemeinen sind wir zufrieden.

Du hast dir bestimmt einen Plan gemacht, bevor du mit dem Ausbau angefangen hast. Erzähl uns mal, wie du vorgegangen bist.


Wir waren auf einigen Globetrottertreffen und Messen unterwegs, wo wir uns verschiedene Expeditionsmobile angeschaut haben.

Auch wenn wir irgendwo ein interessantes Fahrzeug gesehen haben, haben wir uns mit den Eigentümern unterhalten und konnten uns so verschiedene Ausbauten anschauen.

Auf der Allradmesse in Bad Kissingen haben wir uns sowohl bei den professionellen Ausbauern über Preise und Termine informiert, sowie in der Camping Area viele private Fahrzeuge angeschaut.

Eine weitere Hilfe für den Ausbau war das Buch von Ulrich Dolde. Er beschreibt darin auch die Fehler, die er gemacht hat und ist dadurch für Newcomer sehr zu empfehlen.

Für die Planung habe ich mir dann eine preisgünstige CAD-Software gekauft, um am Computer grob zu konstruieren.

Wichtig war für mich, dass ich sogenannte Blöcke für z.B. Bett, Küche, Sitzbereich, Schrank für Kühlschrank, Toilettenraum konstruiert habe und diese bequem hin und her schieben konnte.

Die wichtigsten Abmessungen der Bauteile blieben erhalten und ich konnte sehen, wo sie hinpassen und wo es ungünstig ist.

Im Arbeitszimmer habe ich außerdem versucht, durch Kartons und provisorische Pappwände den möglich Bewegungsraum darzustellen.

Zum Beispiel habe ich in Restaurants die Sitze vermessen und untereinander die Abmessungen verglichen. Als die Abmessungen fest standen, habe ich die optimale Höhe der Fenster ermittelt.

Andere wichtigen Dinge wie z.B. die Wasserinstallation und auch die Elektroinstallation habe ich etwas stiefmütterlich behandelt, ganz nach dem Motto, das wird schon irgendwie passen.



Im Winter 2015 habe ich mich im Arbeitszimmer fast nur mit der Elektronik beschäftigt.


Viele Dinge waren mir bekannt, aber bei diesem Projekt waren zusätzliche Infos bezüglich Elektrik zwischen Fahrgestell und Kabine notwendig.

Eine weitere Frage, die sich uns stellte war, welches Heizungs- und Kochkonzept wir haben wollten. Also ob wir Gas mit an Board haben wollen oder nicht.

So ergab sich dann auch unsere Lösung mit dem elektrischen Kochen mittels Induktionskochfeld.

Erledigt ihr anfallende Arbeiten an dem Steyr 12M18 auf eurer Reise selbst?


Wenn möglich machen wir alles selbst, außer den Ölwechsel, den lassen wir immer in einheimischen Werkstätten machen.

Nun weiß ich ja, dass ihr keine 20 mehr seid, was auch nicht weiter tragisch ist – aber habt ihr nicht Respekt davor, ein solch großes Fahrzeug zu fahren. Ich meine zum Beispiel der Reifenwechsel oder wenn ihr Mal stecken bleibt – da wären schon einige Kilos am Steyr 12M18 zu stemmen.


Der Reifenwechsel geht noch, ansonsten gibt es unterwegs sehr viele Interessenten und Helfer.

Dabei ist es sehr wichtig, immer die Kontrolle zu behalten, da manchmal zu viele Helfer vor Ort sind. Zudem versuchen wir immer so zu fahren, dass das Fahrzeug nicht stecken bleibt.

Wir erkunden (fast) immer den Fahrbahnzustand, auch Wasserdurchfahrten werden vorher gründlich analysiert. Wir haben großen Respekt davor, unser 10 t Fahrzeug im Gelände zu bewegen.

Gen Osten ist euer Plan – wieso zieht es euch so lange in die Ferne?


Unser erstes großes Ziel ist Australien, wo unsere Tochter wohnt. Für uns war es klar, möglichst viel über Land zu fahren.

Bei der Reiseplanung haben wir dann darauf geschaut, dass wir weder in den Winter, noch in den Monsun kommen.

Aus diesem Grund haben wir für die Stan-Staaten und die südostasiatischen Länder nicht so viel Zeit eingerechnet.

Für den zweiten Teil der Reise steht Südamerika auf dem Plan. Dort möchten wir ungefähr den Spuren von Ch. Darwin und Alexander von Humboldt folgen, wessen Bücher ich als Jugendlicher gerne gelesen habe.


Daheim bleiben und die Rente genießen kann doch auch gemütlich sein – oder ist das zu langweilig für euch?


Da sind wir zu rastlos. Zu Hause gab es immer etwas am Haus zu tun und anschließend haben wir oft Barbecue gemacht. Aber will man das für den Rest des Lebens tun?

Aber nicht nur Asien steht auf dem Plan – die ganze Welt will erkundet werden. Lass uns Teil haben an euren Plan damit wir ein wenig träumen können.


Die geplante Tour bis nach Australien sieht folgendermaßen aus:


Deutschland-Österreich-Ungarn-Serbien-Bulgarien-Türkei-Georgien-Armenien-Iran-Turkmenistan-Usbekistan-Tadschikistan (Pamir-Highway)-Kirgistan-Kasachstan-Russland-Mongolei-China-Nepal-Indien-Myanmar-Thailand-Malaysia-Indonesien-Australien.


Weiter haben wir noch nicht geplant, es schwirren jedoch einige Ideen in unseren Köpfen rum. Nach Australien könnten wir uns vorstellen, Neuseeland mit einem Mietfahrzeug zu erkunden.

Da es keine Verschiffungsmöglichkeit von Australien nach Südamerika gibt, haben wir uns drei Optionen überlegt. Als erstes unser Fahrzeug nach Nordamerika zu verschiffen und dann die Panamericana zu fahren.

Eine andere Option wäre, erst nach Südafrika und anschließend nach Südamerika zu verschiffen oder zurück nach Deutschland und von dort aus nach Südamerika zu verschiffen .

Wie seid ihr die Reiseplanung angegangen – oder seid ihr eher spontan los?


Die Reiseplanung bis Australien hat ein sehr guter Bekannter von uns gemacht, welcher uns gefragt hat, ob wir mit ihm mitfahren würden. Aufgrund der Zeitknappheit haben wir spontan zugesagt.

Damit wurde auch ein Abfahrtstermin festgelegt und der Ausbau hatte sich dem Abfahrtstermin unterzuordnen. Als wir losfuhren, waren deshalb einige Dinge noch nicht fertig, wie z.B. die Innendusche.

Erschwerend kam hinzu, dass ich mein Warmwasserheizungssytem im Winter nochmals komplett umbauen musste, was auch nicht auf dem Plan stand.

Die Länder Australien, Neuseeland und Südamerika werden aber nur grob geplant und eher spontan bereist.

Wichtig ist uns nur, dass wir die Jahreszeiten bzw. die klimatischen Bedingungen und landestypische Gegebenheiten berücksichtigen.


Habt ihr auch mal vor, eure Verwandtschaft und Freunde daheim zu besuchen?


Ja, das auf alle Fälle. Außerdem haben wir noch einige bürokratische deutsche Dinge zu erledigen.

Organisiert ihr eure Visa selber oder habt ihr eine Agentur dafür beauftragt?


Wir haben für den ersten Teil der Reise, also bis Australien, eine Agentur beauftragt. Das ist aus Zeitgründen notwendig und wir können uns voll auf die zu bereisenden Länder konzentrieren.

Erst einmal ein großes Dankeschön, dass ihr euch Zeit genommen habt für das Interview und einen guten Einblick in den Aufbau eures Steyrs 12M18 gegeben hat. Für die weitere Reise wünsche ich euch eine pannenfreie Weiterfahrt mit vielen spannenden Begegnungen.


2 Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.

4.3/5 - (7 votes)