Der Mercedes 310 Allrad auch Bremer oder T1 genannt ist wohl zur Zeit eines der Fahrzeuge, welches man auf dem Markt nur sehr schwer findet. Die Nachfrage ist groß – das Angebot überschaubar und kostspielig.
Hat man eines ergattert, legt man dafür umso mehr Muse in die Arbeit, um ein schönes Fahrzeug zu bauen.
In Georgien hatten wir kurz das Vergnügen, Heidi und Valentin kennenzulernen, welche ein solches Fahrzeug fahren. Die Natur und ihre Leidenschaft für das Klettern waren der Grund, um mit ihrem Mercedes 310 Allrad gen Osten zu ziehen.
Die Zeit sollte erst einmal eine untergeordnete Rolle spielen. Genießen und erleben war angesagt. Die Zwei haben sich die Zeit genommen, um mir ein paar Fragen zu beantworten und ich war begeistert.
Hmm, ist Baujahr 89 wirklich schon alt?!
Während des Studiums bin ich einen Mercedes Kurzhauber Bj. 1964 gefahren. Der war zwar sehr schön, aber durch die kurze Achsübersetzung trotz sehr großer Reifen ziemlich langsam. Zudem hatte er keine Servolenkung und aufgrund des nicht sehr effizienten Vorkammermotors, wurde es im Fahrerhaus immer mehr als ausreichend warm und laut.
Als ich angefangen habe zu arbeiten, wollte ich einen etwas flexibleren Bus, mit dem man mal übers Wochenende wegfahren kann, ohne dass es sich gleich wie eine Expedition anfühlt.
Dafür ist die Größe des Bremers optimal und man kann sogar während der Fahrt Hörbuch hören!
Das Fahrzeug habe ich bei einer meiner ’nur-mal-kurz-Mobile-schauen‘-Aktionen gefunden.
Es wurde von einem Renault Neufahrzeughändler an der Schweizer Grenze angeboten. Er hatte wohl keine Ahnung, welche Rarität er verkauft. Da der Händler am Wochenende nicht ans Telefon ging, habe ich mir für den Montag Morgen den Wecker gestellt und durchgehend angerufen, bis er abhob und dann blind eine Kaufzusage gemacht.
Das Fahrzeug sah aus wie neu, jedoch klackerte der Motor ein wenig. Damals dachte ich, er hätte ein falsch eingestelltes Ventilspiel, doch der Motor hat Hydrostößel.
Es stellte sich heraus, das die Nockenwelle eingelaufen war, ein typisches Problem der M102 Benzinmotoren. Zum Glück hatte der Gasumrüster viel Ahnung und Interesse, so wurde das Problem gleich im Zuge der Umrüstung behoben.
Wer einmal mit einem Allradwohnmobil unterwegs war, wird es danach schwer haben, wieder auf ein 2WD Gefährt umzusteigen. Anfangs wurde das Fahrzeug in Marokko und Tunesien artgerecht bewegt und jetzt auf der Reise wären wir ohne Allrad auch nicht an alle anvisierten Orte gekommen.
Besonders die Klettergebiete im Oman wären ohne Allrad nicht erreichbar gewesen, auch wenn ein heckgetriebenes Fahrzeug mit ausreichend Bodenfreiheit weiter kommt, als man allgemein erwarten würde.
Die ersten Reisen habe ich mit einem recht provisorischen Ausbau gemacht. Für das Offroaden in Tunesien mit einem Freund, reichte die Schlafsitzbank, mit Spanngurten befestigte Plastikkisten und ein Kühlschrank.
Da das Rumgeräume der übereinander gestapelten Kisten und die unbequeme Schlaflösung irgendwann nervten, habe ich mich dann entschlossen, einen nicht mehr TÜV fähigen Bremer mit professionellem Ausbau von La Strada zu kaufen und die Einbauten Stück für Stück zu übertragen.
Hierfür habe ich beide Autos unter einem Partypavillon nebeneinander gestellt und dann die Operation gestartet. Das war dann allerdings mehr Arbeit als erwartet, da etliche Anpassungsarbeiten nötig waren. So habe ich zum Beispiel noch den Boden isoliert, was bei dem Original nicht so war, wodurch alle Einbauten um zwei cm gekürzt werden mussten, der Kompressor Kühlschrank hat andere Abmessungen als der originale Absorber, so dass die Küche überarbeitet werden musste.
Zudem hat die Sitz/Schlafmöglichkeit einen doppelten Boden bekommen, um den 200 l LPG Tank hinter dem Fahrer- und Beifahrersitz zu integrieren.
Für diese Reise haben wir eine neue Wasserpumpe eingebaut, die mit ausreichend Druck unser gesamtes Wasser filtert, so dass wir keine Plastikflaschen kaufen müssen.
Durch die Urlaube mit meinen Eltern bin ich schon früh von dieser Art des Reisens begeistert worden. Mein erstes Auto war ein VW T3 mit Totalschaden, den ich wieder hergerichtet habe.
Ein großer Vorteil beim Reisen mit Schneckenhaus ist, dass man egal wo man ist, immer einen Ort hat, an dem man sich wohlfühlen und sich bei schlechten Tagen auch mal zurückziehen kann.
Zudem kommt man mit eigenem Gefährt an Orte, die man als Rucksackreisender schlecht erreichen kann, hier ist man doch eher auf die Infrastruktur angewiesen.
Mittlerweile haben bei uns alle Reisen irgendetwas mit Klettern zu tun und dann hat man neben dem normalem Rucksack nochmal einen 11kg Rucksack mit dem Equipment vorm Bauch, was für lange Strecken nicht unbedingt angenehm ist.
So konnte ich auch meine Freundin vom Busreisen begeistern, was nicht ausschließt, dass wir mal Backpacker-freundliche Regionen wie Indien oder Laos ohne den Roten bereisen.
Ich bin überrascht, wie gut es sich auf dem überschaubaren Raum des Bremers selbst bei längeren Reisen leben lässt.
Was ich bei dem etwas größeren neuen Gefährt gerne anders hätte, wäre ein festes Bett und gleichzeitig eine Sitzecke. Die Krönung wäre es, die Mountainbikes staubdicht unterzubringen, das wird allerdings etwas knapp, da auch der Neue kompakt bleiben soll, um die oft sehr schmalen Zuwege zu den Klettergebieten meistern zu können.
Der 917 ist durch eine Auktion recht spontan, kurz vor der Abfahrt, zu uns gestoßen.
Er hat alles, was ich beim Kurzhauber vermisst habe und mehr: Den legendären OM366A Motor mit viel Leistungspotential, lange Übersetzung, 6 Gänge, Retarder, Permanentallrad mit getrennt zuschaltbarer Untersetzung…
Das Fahrzeug soll ohne Zeitdruck aufgebaut werden und den Roten nicht ersetzen, sondern etwas mehr Autarkie in Bezug auf Kraftstoff und Wasser und mehr Platz bieten.
Ob das tatsächlich notwendig ist, wird diese Reise zeigen, vielleicht war auch einfach zu wenig am Roten zu tun!
Zudem begeistern LKW Chassis durch das Fahrgefühl und bei moderatem Ausbau durch die großen Gewichtsreserven. Bei einem für mindestens 9 Tonnen und mehrere hunderttausend Kilometer ausgelegtem Fahrzeug, das um die 7 Tonnen wiegt, treten oft weniger Verschleißerscheinungen auf, als bei den immer am Gewichtslimit liegenden 3,5 t Transportern.
Der etwas näher liegende Osten, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Mazedonien, hat uns schon im vorigen Jahr begeistert, als wir der Petzl Rocktour nachgefahren sind.
Für die momentane Reise war unser ursprüngliches Ziel Thailand und Laos, da es hier wunderbare Klettermöglichkeiten bei angenehmen Lebensbedingungen gibt.
Auf dem Weg dahin haben wir in jedem Land ab Georgien versucht, die Kletterspots anzufahren, um so Kontakt zu Fels und Leuten zu bekommen.
Leider ist Thailand aktuell nicht so einfach mit dem Fahrzeug zu bereisen. Manche schaffen es vom Hörensagen noch immer ohne Guide in das Land zu kommen, aber eher, wenn man von Ost nach West reist.
Sollte man das aus Myanmar nicht schaffen, ist es etwas ungünstiger, denn in Myanmar besteht ebenfalls Guide-Pflicht. Da wir auf einen Guide in Thailand keine Lust haben, mussten wir unsere Pläne abändern.
Der aktuelle Plan sieht vor, aus dem Iran, wo wir uns aktuell befinden, über Turkmenistan und den Pamir Highway durch die Stan-Länder bis in die Mongolei zu reisen.
Auf unserer Weiterreise wird es also deutlich weniger Kletterspots geben als bisher, doch dafür lockt die einmalige Natur und die atemberaubende Landschaft.
Wo immer uns die Visabestimmungen hintreiben werden, wichtig ist erst einmal, überhaupt loszukommen und auf Achse zu sein. Mit den Reisezielen wollen wir uns nicht zu sehr stressen, man muss niemandem etwas beweisen und schöne Erlebnisse kann man in vielen Ländern haben.
Danke das ihr euch die Zeit für die Fragen genommen habt. Wer die Reise mitverfolgen will, findet die Infos auf ihrer Website.
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